Geldfälschung

Der geniale Falschgeld-Betrug von Alves dos Reis

(KI Symbolbild). Ein Stapel frisch sortierter Banknoten auf einem Schreibtisch erinnert an den Falschgeldbetrug von Alves dos Reis, bei dem echt wirkende Scheine ohne Genehmigung in Umlauf kamen. Die Szene verdeutlicht, wie schwer sich Fälschungen erkennen lassen, wenn sie auf Originaldruckplatten basieren. Zugleich weist die Darstellung auf die Anfälligkeit früher Finanzsysteme für Betrug und mangelnde Kontrolle hin. Die ruhige Umgebung kontrastiert mit dem potenziell dramatischen Schaden für Wirtschaft und Vertrauen. )IKnessiW dnu gnuhcsroF(Foto: © 

Wenn Falschgeld nicht im Hinterzimmer, sondern in einer offiziellen Banknotendruckerei entsteht, geraten klassische Sicherheitskonzepte ins Wanken. Der portugiesische Geschäftsmann Alves dos Reis ließ Mitte der 1920er Jahre rund 200.000 Banknoten zu je 500 Escudo auf Originaldruckplatten herstellen und brachte damit fast 1 Prozent der Geldmenge außer Kontrolle. Sein Plan reichte von scheinbar legalen Investitionen in Angola bis zum verdeckten Versuch, die Mehrheit an der Banco de Portugal zu erwerben. Der Fall zeigt, wie eng technische Details von Banknoten, rechtliche Feinheiten und politische Stabilität miteinander verknüpft sind.

Die meisten Menschen verbinden Falschgeld mit unsauberen Kopien, falschen Wasserzeichen und Papier, das sich „irgendwie falsch“ anfühlt. Der Falschgeldbetrug von Alves dos Reis unterscheidet sich grundlegend von diesem Bild. Im Zentrum stand die 500-Escudo-Banknote mit dem Porträt von Vasco da Gama, die das Geldmuseum des Banco de Portugal heute als Schlüsselobjekt seiner Sammlung präsentiert. Diese Note wurde Anfang der 1920er Jahre von einer britischen Sicherheitsdruckerei produziert und vereinte für die damalige Zeit anspruchsvolle Sicherheitsmerkmale mit hohem Nennwert. Genau diese Kombination machte sie für Alves dos Reis interessant: Mit einem einzigen, gut geplanten Betrug gelang es ihm, Banknoten im Nennwert von rund 100 Millionen Escudo drucken zu lassen – etwa 0,9 Prozent der damaligen portugiesischen Wirtschaftsleistung, in heutiger Kaufkraft grob im Milliardenbereich. Dass diese Scheine technisch vollkommen echt waren und sich nur juristisch als Falschgeld qualifizieren, macht den Fall zu einem Extrembeispiel moderner Geldfälschung.

Im politischen und wirtschaftlichen Umfeld Portugals traf dieser Betrug auf ein fragiles System. Die junge Republik war durch Kriege, Inflation und politische Instabilität geschwächt, Kolonien wie Angola galten als Chance auf neue Einnahmequellen. In diesem Spannungsfeld agierte Alves dos Reis: ein ehrgeiziger, mehrfach vorbestrafter Geschäftsmann, der sich als Finanzexperte inszenierte und mit der Aussicht auf große Kredite und Infrastrukturprojekte in Afrika Vertrauen gewann. Während portugiesische Banknoten als Symbol staatlicher Stabilität galten, gelang es ihm, genau dieses Symbol für eine beispiellose Täuschung zu instrumentalisieren. Die Affäre, die später als portugiesische Banknotenkrise von 1925 bekannt wurde, wirft bis heute grundlegende Fragen auf: Wie kann eine Zentralbank ihre Noten vor Missbrauch schützen, wenn nicht einmal die offizielle Druckerei ungewöhnliche Aufträge hinterfragt? Und wie stark können Falschgeld und Geldfälschung politische Umbrüche beschleunigen?

Was machte den Falschgeldbetrug von Alves dos Reis so besonders?

Der Falschgeldbetrug von Alves dos Reis hebt sich vor allem dadurch ab, dass das verwendete Falschgeld in einem engen Sinne gar keine klassische Fälschung war. Die 500-Escudo-Scheine, um die es ging, wurden von derselben Sicherheitsdruckerei hergestellt wie die legalen portugiesischen Banknoten, mit denselben Stahlplatten, denselben Farben und derselben Papierqualität. Juristisch handelte es sich dennoch um Falschgeld, weil der Auftrag nicht von der zuständigen Zentralbank Banco de Portugal erteilt wurde, sondern auf einem gefälschten Vertrag beruhte. Aus Sicht der Geldtheorie ist dies ein Extremfall: Die physische Qualität der Banknoten war identisch mit dem Original, der entscheidende Unterschied lag ausschließlich in der fehlenden rechtlichen Autorisierung und in der unkontrollierten Ausweitung der Geldmenge.

Eine detaillierte ökonomische Analyse, etwa die Studie zur portugiesischen Banknotenkrise von 1925, beziffert den Nennwert der zusätzlich gedruckten 500-Escudo-Scheine auf etwa 100 Millionen Escudo, was knapp 0,88 Prozent des damaligen Bruttoinlandsprodukts entsprach. Für eine kleine Volkswirtschaft war das eine massive, zudem völlig unkontrollierte Ausweitung der Geldbasis. Besonders brisant: Die neu gedruckten Scheine trugen dieselben Seriennummern wie bereits existierende Exemplare, nur aus anderen Nummernblöcken, sodass es technisch kaum möglich war, zwischen „echten“ und „illegalen“ Banknoten zu unterscheiden. De facto existierten damit fast doppelt so viele 500-Escudo-Banknoten wie ursprünglich geplant, was in der Praxis zu einer unsichtbaren Verdoppelung eines zentralen Zahlungsmittels führte. Die portugiesische Banknotenkrise war damit weniger ein Problem schlecht erkennbarer Blüten als ein Beispiel dafür, wie eine gut organisierte Geldfälschung selbst institutionelle Sicherheitsbarrieren umgehen kann.

Auch außergewöhnliche Nennwerte, wie sie in der Geschichte der 100.000-Dollar-Banknote der USA beschrieben sind, zeigen, wie stark technische Details, Umlaufbeschränkungen und politische Entscheidungen das Vertrauen in Papiergeld prägen. Beim Fall Alves dos Reis verschmolzen diese Faktoren mit einem schwach regulierten Finanzsystem, in dem die Kontrolle über die Menge der umlaufenden portugiesischen Banknoten teilweise auf privaten Strukturen beruhte. Damit wurde sichtbar, dass Geld nicht nur ein technisches Produkt ist, sondern ein empfindliches Zusammenspiel von Recht, Institutionen und menschlichem Vertrauen.

Wie Alves dos Reis die perfekten Falschgeldnoten in Auftrag gab

Kern des Betrugs war ein geschickt gefälschter Vertrag, der so detailliert formuliert war, dass er selbst erfahrenen Juristen echt erschien. Alves dos Reis ließ ein Dokument erstellen, das angeblich von der Leitung der Banco de Portugal stammte und einen verdeckten Kredit für Infrastrukturprojekte in Angola vorsah. Als Gegenleistung sollte eine bestimmte Menge zusätzlicher 500-Escudo-Banknoten gedruckt werden, die formal als bereits ausgegebene, aber im Ausland gebundene Reserven behandelt werden sollten. Diese Konstruktion nutzte Unklarheiten im Zusammenspiel von Zentralbank, Regierung und Kolonialverwaltung aus. Entscheidend war, dass der Vertrag mit echten Notariats- und Konsulatsbeglaubigungen versehen wurde, die Reis sich durch Unachtsamkeit oder Leichtgläubigkeit in diplomatischen Vertretungen erschlich.

Mit diesem Papier wendete sich Alves dos Reis an die britische Sicherheitsdruckerei Waterlow & Sons, die auch zuvor Banknoten für Portugal hergestellt hatte. Unter Berufung auf den vermeintlich geheimen Auftrag der Banco de Portugal überzeugte er die Verantwortlichen, den Druck von 200.000 zusätzlichen 500-Escudo-Banknoten mit dem Datum 17. November 1922 zu übernehmen. Aus Sicht der Druckerei war der Vorgang plausibel: Es kam durchaus vor, dass Kolonialbanken zusätzliche Serien benötigten oder Aufträge diskret behandelt wurden. Die Dokumente wirkten amtlich, die Unterschriften entsprachen denen auf bestehenden Banknoten, und die Geschäftspartner von Reis traten selbstbewusst und routiniert auf. So vollzog sich ein entscheidender Schritt der Geldfälschung innerhalb eines eigentlich vertrauensbasierten Systems: Die Institution, die Banknoten herstellte, vertraute auf die Echtheit des Auftrags, ohne die Zentralbank direkt zu kontaktieren.

Die fertigen Banknoten wurden in mehreren Chargen nach Portugal gebracht, teilweise unter Ausnutzung diplomatischer Privilegien, die den Transport großer Bargeldsummen erleichterten. Durch geschickte Aufteilung der Verantwortung auf Mittelsmänner konnte Alves dos Reis eine direkte Verbindung zwischen sich selbst und den Kisten voller Banknoten verschleiern. Einmal im Land, war der entscheidende Vorteil der Aktion, dass die Scheine wie normale portugiesische Banknoten aussahen, sich anfühlten und in Zahl- und Zählautomaten problemlos akzeptiert wurden. Der Übergang von der Produktions- zur Umlaufphase unterscheidet diesen Fall daher deutlich von klassischen Fälschungen, bei denen das Risiko meist schon beim Versuch besteht, die Blüten im Alltag auszugeben.

Der Weg des Falschgeldes durch Portugal und Angola

Nachdem die ersten Kisten mit 500-Escudo-Scheinen eingetroffen waren, entwickelte Alves dos Reis eine Strategie, um das Falschgeld schrittweise in Umlauf zu bringen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Statt die Banknoten direkt in kleinen Beträgen zu tauschen, setzte er auf größere, scheinbar legitime Transaktionen. Zusammen mit Geschäftspartnern gründete er die „Bank of Angola & Metropole“, die offiziell Investitionen in der Kolonie fördern sollte. Diese Bank diente in der Praxis als Drehscheibe: Sie nahm Einlagen entgegen, vergab Kredite, kaufte Unternehmen und Grundstücke und verwandelte die großen Bündel an Falschgeld in kleinere, unauffällige Summen in anderen Währungen oder niedrigeren Stückelungen.

Typisch für die Umlaufwege des Falschgelds waren große, auf einmalige Geschäfte konzentrierte Zahlungen. So wurden etwa notleidende Unternehmen übernommen, Hypothekenschulden abgelöst oder hohe Bargeldsummen in Gold und stabile Fremdwährungen umgetauscht. Durch jede dieser Transaktionen verschmolzen die illegal erzeugten 500-Escudo-Scheine immer stärker mit der normalen Geldmenge, sodass später kaum mehr rekonstruierbar war, welche konkrete Banknote ursprünglich aus der Druckerei von Waterlow & Sons stammte und welche von der Zentralbank. Gleichzeitig trugen die aggressiven Investitionen zu einem künstlichen Boom bei: Immobilienpreise stiegen, neue Unternehmen wurden gegründet, und in Angola entstand der Eindruck, ein mächtiger Investor treibe die Entwicklung der Kolonie voran.

Dieser künstlich angefachte Aufschwung hatte jedoch eine Schattenseite. Weil die zusätzlichen Banknoten die Geldbasis vergrößerten, ohne im selben Maß reale Werte zu schaffen, verschoben sich Preisniveaus und Kreditbedingungen. In bestimmten Segmenten kam es zu Übertreibungen, etwa bei spekulativen Landkäufen und beim Erwerb von Beteiligungen. Hier zeigt sich deutlich, dass Falschgeld nicht nur ein strafrechtliches Problem darstellt, sondern direkt in volkswirtschaftliche Kennzahlen hineinwirkt. Die portugiesische Banknotenkrise war deshalb nicht nur eine Episode spektakulärer Kriminalgeschichte, sondern auch ein Fallbeispiel dafür, wie empfindlich kleine und mittelgroße Volkswirtschaften auf unerwartete Veränderungen der Geldmenge reagieren.

Aufdeckung, Prozess und politische Folgen

Die Aufdeckung des Betrugs erfolgte schrittweise, als mehrere Banken und Beamte Unregelmäßigkeiten bemerkten. Zunächst fiel auf, dass eine relativ neue Bank, die Bank of Angola & Metropole, ungewöhnlich leicht an große Mengen 500-Escudo-Banknoten gelangte und großzügig Kredite vergab. Parallel stießen Bankangestellte auf Seriennummernfolgen, die statistisch auffällig waren, weil bestimmte Nummernblöcke überdurchschnittlich häufig in Umlauf erschienen. Da die Banco de Portugal die Ausgabe jeder Note ursprünglich sorgfältig registriert hatte, führten Abweichungen in den Bestandslisten zu ersten ernsthaften Zweifeln. Interne Untersuchungen ergaben schließlich, dass mehr 500-Escudo-Banknoten im Umlauf waren, als jemals offiziell bestellt worden waren.

Als das Ausmaß des Problems deutlich wurde, reagierte die Zentralbank drastisch. Innerhalb kurzer Frist wurden alle 500-Escudo-Banknoten zur Umtauschaktion einberufen, unabhängig davon, ob sie aus offiziellen oder illegalen Drucken stammten. Für die Öffentlichkeit war kaum erkennbar, ob der eigene Schein „echt“ oder juristisch Falschgeld war, was eine Phase massiver Verunsicherung auslöste. Es kam zu einem Vertrauensverlust in die Währung, Bankkunden zogen Einlagen ab, und die Regierung geriet unter politischen Druck. Die Affäre trug maßgeblich zu einer verschärften politischen Krise bei, die nur wenige Monate später im Militärputsch von 1926 und in der anschließenden Etablierung einer autoritären Ordnung mündete, in der finanzielle Stabilität und Kontrolle zur zentralen Staatsdoktrin wurden.

Der anschließende Prozess zwischen Banco de Portugal und der britischen Druckerei Waterlow & Sons, der in London und vor dem House of Lords geführt wurde, ist in einem Bericht der British Historical Society of Portugal detailliert rekonstruiert worden und zeigt, welche juristischen Konsequenzen der Betrug auch außerhalb Portugals hatte. Die Druckerei wurde zu hohen Schadenersatzzahlungen verurteilt, ihr Ruf erheblich beschädigt, und in der Branche wurden Prüfprozesse für staatliche Aufträge verschärft. Alves dos Reis selbst wurde in einem eigenen Strafverfahren zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Bemerkenswert ist, dass er trotz früherer Betrugsdelikte erst nach dieser großen Affäre wirklich konsequent zur Rechenschaft gezogen wurde. Die portugiesische Banknotenkrise wirkte damit nicht nur als Katalysator für politische Veränderungen im Land, sondern führte auch international zu strengeren Standards bei der Vergabe und Kontrolle von Banknotendruckaufträgen.

Lehren für Falschgeld, Banknotensicherheit und Zentralbank Unabhängigkeit

Aus heutiger Sicht gilt der Fall Alves dos Reis als Extrembeispiel, das mehrere grundlegende Lehren bündelt. Erstens zeigt er, dass der physische Sicherheitsgrad einer Banknote allein nicht ausreicht, um Geldfälschung zu verhindern. Selbst wenn Papier, Druckfarben, Wasserzeichen und Sicherheitsfäden perfekt sind, bleibt jede Banknote Falschgeld, deren Ausgabe nicht transparent genehmigt und dokumentiert wurde. Zweitens macht die Episode deutlich, wie wichtig klar definierte Zuständigkeiten zwischen Regierung, Zentralbank und privaten Dienstleistern sind. Unklare oder informelle Absprachen öffnen Schlupflöcher, in denen sich komplexe Betrugsmodelle etablieren können. Der Skandal trug dazu bei, dass in Portugal die Rolle der Zentralbank neu diskutiert und langfristig gestärkt wurde, wobei Aspekte der Zentralbank Unabhängigkeit gegenüber kurzfristigen politischen Interessen in den Vordergrund rückten.

Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank betreiben heute gezielte Forschung und Entwicklung im Bereich moderner Banknoten, um Materialien, Drucktechniken und Sicherheitsmerkmale fortlaufend an neue Fälschungstechniken anzupassen. Magnetische Sicherheitsfäden, Mikro- und Nanostrukturen, Hologramme, Farbwechselpigmente und komplexe Reliefprägungen sorgen dafür, dass Fälscher gleich mehrere Merkmalsdimensionen gleichzeitig nachahmen müssten. In Diskussionen um digitale Zahlungsformen, etwa rund um die digitale Entwicklung der Bankenwelt, spielt der Schutz vor Betrug eine ebenso zentrale Rolle wie in der Ära von Alves dos Reis, auch wenn sich der Schwerpunkt von physischer Geldfälschung hin zu digitalen Manipulationen verschiebt.

Praktische Hinweise, wie sich echte Scheine von Fälschungen anhand mehrerer Sicherheitsmerkmale unterscheiden lassen, finden sich etwa in den Empfehlungen der Deutschen Bundesbank zur Falschgelderkennung, die auch Laien den systematischen Blick aufs Bargeld erleichtern. Moderne Fälschungsbekämpfung nutzt neben optischen Sicherheitsmerkmalen zunehmend forensische Verfahren, die Fingerabdrücke oder chemische Spuren auf Oberflächen wie Banknoten sichtbar machen, wobei Entwicklungen wie Nanopartikel für Fingerabdrücke zusätzliche Spurenquellen eröffnen. Auch außergewöhnliche Formen von Papiergeld, historische Großbanknoten und neue digitale Währungen werden heute daraufhin untersucht, wie robust ihre Sicherheitsarchitektur gegen Betrug ist. Die Geschichte von Alves dos Reis dient in diesem Kontext als warnendes Beispiel dafür, dass die gefährlichsten Formen von Falschgeld dort entstehen, wo institutionelle Kontrolle, rechtliche Klarheit und technische Sicherungslinien gleichzeitig versagen.

Spannend & Interessant
VGWortpixel