Radioaktivität

Start-up möchte Tschernobyl in Rekordzeit dekontaminieren

Robert Klatt

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Das Schweizer Unternehmen Exlterra möchte mit dem Nucleus Separation Passive System (NSPS) Tschernobyl in den kommenden fünf Jahren von radioaktiver Strahlung befreien.

Genf (Schweiz). Der Katastrophenreaktor des Atomkraftwerks von Tschernobyl hat vor etwa 36 Jahren zur Freisetzung von Cäsium, Strontium, Uran und Plutonium geführt. Seit 2017 kann die Stahlhülle verhindern, dass der explodierte Reaktor weitere radioaktive Stoffe in die Umwelt abgibt. Ein Gebiet von etwa 2.800 Quadratkilometer um den Reaktor ist aufgrund der Strahlung aber noch immer unbewohnbar und wird dies für lange Zeit bleiben. Die Halbwertszeit von Cäsium-137 liegt bei rund dreißig Jahren, bei Plutonium und Uran sind es Tausende bis sogar Milliarden Jahre, in denen die Hälfte der radioaktiven in unschädliche Atomkerne umgewandelt werden.

Das Schweizer Unternehmen Exlterra hat nun erklärt, dass es die verseuchten Gebiete stattdessen in den kommenden fünf Jahren von der gefährlichen Strahlung befreien kann. Das dazu verwendete Nucleus Separation Passive System (NSPS) wurde laut Unternehmensangaben bereits erfolgreich vor Ort getestet.

Positronen als Lösung gegen die Strahlung

Dazu rammte das Unternehmen auf einem etwa fußballfeldgroßen Feld in er 30-Kilometer-Sperrzone um den Reaktor 4.849 Polyethylenröhren in den Boden. Diese enthielten Positronen, die dank der „revolutionären Technologie“ die radioaktiven Isotope im Boden aufbrechen sollten. Laut dem Chef des staatlichen Ökozentrums, das in Tschernobyl die Radioaktivität misst, waren die Ergebnisse des Experiments „bemerkenswert“.

Die radioaktive Belastung des Bodens ging zwischen November 2019 und September 2020 demnach um 37 Prozent zurück und die Strahlenbelastung der Luft um 46 Prozent. “Wir haben bewiesen, dass wir die Ressourcen der Natur nutzen können, um die Wunden zu heilen, die wir ihr zugefügt haben“, erklärt Exlterra-Chef Andrew Niemczyk. Als weiteres Anwendungsgebiet sieht Niemczyk Fukushima, wo laut ihm seine Technologie verhindern könnte, dass das radioaktive Wasser ins Meer geleitet wird.

Zweifel aus der Wissenschaft

Experten aus der Wissenschaft äußern hingegen Zweifel an der Funktionsweise des NSPS. „Die Angaben, die die Firma zur Funktionsweise macht, liefern keine Erklärung für die angeblich beobachteten Effekte“, erklärt etwa Horst-Michael Prasser, langjähriger Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich gegenüber schweizerischen Tagesanzeiger. Laut ihm zerstrahlen die Positronen bei einer Kollision mit einem der zahlreichen Elektronen schnell und haben somit keinen Einfluss auf die radioaktiven Isotope.

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