Dennis L.
Die Logistik-Branche war lange nicht gerade für Nachhaltigkeit bekannt. Doch wie sieht es mit aktuellen Entwicklungen aus? Kann die Branche ihr Image als Klimasünder und Müllerzeuger ablegen?
Die Klimawende der Bundesregierung steht an. Einige Sektoren sind als besondere Treiber des Klimawandels einem hohen Transformationsdruck ausgesetzt. So ist der Straßenverkehr europaweit für 29 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich. 28 Prozent dieser Emissionen sind allein Schwertransporte und Busse zurückzuführen. Durch die Ausweitungen des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr ab 2027, auf die sich das Europäische Parlament festgelegt hat, steigt der Druck auf die Logistikbranche Emissionen einzusparen. Aber auch gesellschaftliche Veränderungen sorgen dafür, dass es für die Branche eine Bereicherung ist, den eigenen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Zumal das Einsparen von Müll sich häufig auch für den Hersteller der Verpackung lohnt. Doch in welchen Bereichen wird bereits an größerer Nachhaltigkeit gearbeitet und wo gibt es noch Potentiale oder Rückschritte?
Im Bereich der Verpackungslogistik stehen die Weichen schon länger auf Nachhaltigkeit. So wird durch das Umweltzeichen des Umweltministeriums „Blauer Engel“ schon seit 1978 Papierrecycling gefördert. Laut der Studie „Recyclingpapier wirkt“ der Initiative Pro Recyclingpapier, welche selbst mit dem Blauen Engel ausgezeichnet wurde, beträgt die Wiederverwertbarkeitsquote bei Altpapier bei 76 Prozent. Erreicht wird dies durch effizientere Sortierung, etwa durch Infrarottechnik anstatt händischer Sortierung, aber auch durch den Einsatz von leicht recyclebarem Papieren und Pappen, wie zum Beispiel der Wellpappe. Der Umstieg lohnt auf solche Materialien lohnt sich schnell auch dank geringeren Materialkosten.
In der Verpackungslogistik wird aber neben dem Recycling auch das eher unbekanntere Konzept des Reusing, also des Neuverwenden anstatt des Wiederverwendens, umgesetzt. Studenten der Universität Hohenheim haben eine essbare Verpackung aus Eierschalen entwickelt. So versuchen sie nicht nur Plastikmüll zu vermeiden, sondern auch pflanzliche Abfälle zu nutzen. Ein anderer Ansatz ist das Saat- beziehungsweise Samenpapier. Dieses aus Naturfasern wie Weizenstroh gefertigte Papier enthält Gemüse und Kräutersamen. Nach der Verwendung kann man die Pappe in Stücke reißen und aus ihr Pflanzen ziehen.
Neben Reusing und Recycling gibt es aber noch das Reducing, also das Vermeiden von unnötigem Verpackungsmaterial. Wer beim Paketversand eine Verpackung nutzt, die sich nach dem Öffnen auch zum Rückversand eignet, spart eine Verpackung ein. Perfekt auf das Produkt zugeschnittene Verpackungen sparen Material ein und sorgen so für weniger Müll. Durch Verpackungen zum Aufreißen kann etwa Klebeband, durch Verringerung von Zweit oder Drittverpackungen kann Material eingespart werden.
Leider gibt es gerade beim Recycling auch unschöne Entwicklungen. Einige Verpackungsfirmen setzen anstatt auf Kunststoff auf nassfestes Papier. Bei nassfestem Papier werden neben den Papierfasern bei der Produktion Stoffe beigefügt, welche das Papier widerstandsfähiger gegen Feuchtigkeit und zerreißen macht. Gerade Bäcker- und Metzgertüten werden oft aus diesem Papier hergestellt. Zum Wiederverwenden ist nassfestes Papier nicht geeignet und es muss teuer entsorgt werden. Außerdem hat dieses Papier eine weitere Tücke, die Verbraucher entsorgen es häufig im Altpapier, da sie nicht wissen, dass es nicht recyclebar ist. Papier, das wie Papier aussieht, aber nicht ins Altpapier gehört? Das ist für viele Verbraucher nicht intuitiv und viele kommen nicht einmal auf die Idee, dass diese nassfesten Papiere in den Hausmüll oder den Gelben Sack gehören. Je nach Verpackung kann sich das sogar unterscheiden. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Trend der nassfesten Papiere durchsetzt oder ob der Gesetzgeber einschreiten wird.
Ein weiterer Ansatz, um die CO₂-Emissionen zu senken ist es, auf den kombinierten Verkehr zurückzugreifen. Das bedeutet, dass der Transportweg nur noch über möglichst kurze Strecken per Kraftfahrzeug zurückgelegt wird. Der überwiegende Teil des Transports soll über die Schiene oder via Schiff erfolgen. Die Nutzung dieser Massentransportmittel spart nicht nur Emissionen pro Tonne, sondern auch Geld, da durch das Zusammenlegen von Ladungen Kostenvorteile entstehen. Die Güter werden von Verkehrsknotenpunkt zu Verkehrsknotenpunkt geliefert und müssen am Ende nur noch den kleinsten Weg per Lastkraftwagen zum Kunden geliefert werden. Ein Nachteil, der nicht verschwiegen werden sollten ist aber, dass durch diese meist recht strikten Routen einiges an Flexibilität verloren geht. Während ein Kraftfahrzeug relativ problemlos bei Straßensperrungen ausweichen kann, sind Streckenstörungen im Schienenbereich und ganz besonders bei Binnengewässern katastrophal. Alternativrouten sind nur selten eine Option, und wenn, dann sind sie oft mit einem Wechsel des Transportmittels oder einem deutlichen Umweg verbunden.
Damit ein Umschlagen der Ware reibungslos funktioniert, ist es eine der Grundvoraussetzungen des kombinierten Verkehrs, dass während des Transportes die Waren nicht den Transportbehälter wechselt. Nicht nur würde so übermäßig Zeit verloren gehen, während des Warenumschlags entfallen auch Kosten für Verlade-Personal wird eingespart. Standardisierte Ladeeinheiten, welche sowohl von Schiffen, Zügen und Lastkraftwagen genutzt werden können, sind eine Grundbedingung des kombinierten Verkehrs. Dass die Ladeeinheit über die gesamte Strecke dieselbe bleibt, hilft auch bei der Verfolgung der Ware. Durch das Auswerten von Telemetriedaten kann nicht nur der Standort der Ware leicht überprüft werden, es ist so möglich nachzuvollziehen, ob beispielsweise eine Kühlkette dauerhaft eingehalten wurde.
Doch bei all den Vorteilen, die sich durch kombinierten Verkehr ergeben, bleibt der Transport durch Lkws nach Ergebnissen der Studie „Faktencheck Güterverkehr in Deutschland“ des Institutes der deutschen Wirtschaft weiterhin unersetzbar. Das liegt zum einen daran, dass 56 Prozent der in Deutschland transportierten Güter weniger als 50 Kilometer Strecke zurücklegen. Besonders baunahe Rohstoffe wie Sand, Zement oder Bauschutt machen einen Großteil des Warentransportes aus, werden aber selten über längere Wege befördert. Ein Ausweichen auf Züge oder Schiffe ist gerade in diesem Segment unrealistisch. Zum anderen ist die Infrastruktur in Deutschland nicht auf einen Wechsel weg von der Straße und hin zu Schiene oder Flüssen vorbereitet. Schon jetzt fährt ein Drittel der Güterzüge auf nur 5 Prozent des Schienennetzes, eine Zunahme von Transporten in größerem Ausmaß ist hier schlicht nicht möglich. Nur wenn der Neubau von Strecken durch kürzere Planungs- und Bauverfahren beschleunigt wird, kann der kombinierte Verkehr eine Ergänzung zu dem bestehenden Lkw-Transport werden. Ersetzen kann er ihn laut dieser Studie aber nicht.
Da der Lastkraftwagen auch in Zukunft für den Warenverkehr in Deutschland unverzichtbar bleibt, stellt sich die Frage, wie hier Emissionen eingespart werden können. Die Lösung könnten alternative Antriebe auf Elektrobasis sein. Elektrofahrzeuge sind zwar nicht zwingend klimafreundlich, da die Stromerzeugung Schadstoffe erzeugt, aber wenn die anstehende Verkehrswende gelingen soll, muss sie auch eine Energiewende mit sich bringen, wenn sie glaubwürdig sein soll. Laut einer Studie des Fraunhofer-Institut gibt es auch weitere Gründe dafür, dass die Logistik auf E-Lkws setzen sollte. So muss man weniger Kfz-Steuer auf Elektrofahrzeuge zahlen und auch der Wartungsaufwand und Verschleiß ist geringer. Und selbst wenn die Mehrkosten bei der Anschaffung höher sind, die unterschiedlichen Energiepreise machen sie langfristig zu einer besseren Investition. Ob sich der E-Lkw durchsetzen wird, wird sich aber erst noch zeigen müssen.