Robert Klatt
Gendern, als das Nutzen von geschlechtergerechter Sprache, wird in Deutschland immer häufiger. Eine repräsentative Umfrage zeigt nun, wie die Bevölkerung dazu steht.
München (Deutschland). In Deutschland wird seit rund 40 Jahren darüber diskutiert, wie sich Sprache geschlechtsneutral gestalten lässt. Während die frühen Debatten vor allem in der Wissenschaft und Politik stattgefunden haben, haben die meisten Menschen im Alltag weiterhin die traditionelle männliche Sprachform verwendet. In den vergangenen Jahren ist das Gendern aber stärker in den Mittelpunkt gerückt und Medien, Privatpersonen und Institutionen begannen zunehmend, Genderformen wie das Sternchen, den Doppelpunkt oder das Binnen-I zu verwenden.
In der Gesellschaft hat diese Entwicklung zu teils heftigen Auseinandersetzungen geführt, weil Befürworter das Gendern als ein wichtiges Symbol für Sichtbarkeit und Gleichstellung sehen, während Kritiker es als übertriebene Sprachveränderung bezeichnen. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hat deshalb erneut untersucht, was Deutsche aktuell über das Gendern denken.
Laut der repräsentativen Umfrage möchte ein Großteil der Deutschen nicht gendern (68 %). Beim Gendern bestehen jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Bei den 18- bis 24-Jährigen (33 %) und den 25- bis 34-Jährigen (40 %) gendern deutlich mehr Personen als bei den über 55-Jährigen. Außerdem zeigt die Umfrage Geschlechtsunterschiede. Männer lehnen das Gendern deutlich öfter prinzipiell ab (52 %) als Frauen (41 %). Im Westen wird das Gendern von weniger Menschen als negativ angesehen (49 %) als in Ostdeutschland (55 %).
Viele Teilnehmer erklärten zudem, dass sie in Deutschland „sprachlich unter Druck stehen“ (46 %) und dass viele Begriffe heute zu schnell als diskriminierend bezeichnet werden (66 %). Rund ein Viertel der Deutschen (26 %) hat deshalb bereits Diskussionen vermieden. Außerdem haben viele Deutsche das Gefühl (43 %), dass in der Bundesrepublik eine Cancel Culture entstanden ist, die zumindest teilweise auf das Gendern zurückgeht. Eine deutliche Mehrheit (63 %) wünscht sich deshalb mehr Gelassenheit beim Umgang mit der Sprache.