Robert Klatt
In Europa gelten Grundwerte der Demokratie wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Nun wurde untersucht, wie Migranten zu diesen Grundwerten stehen.
Mannheim (Deutschland). In der Europäischen Union (EU) gelten die Grundwerte der Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Diese sollen garantieren, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, die Regierung an Gesetze gebunden ist und die politische Macht vom Volk ausgeht sowie dass die Meinungsfreiheit und die Menschenwürde geachtet werden.
Forscher der Universität Mannheim haben nun eine Studie publiziert, die untersucht hat, wie Migranten zu diesen Grundwerten stehen. Die Studie basiert auf Daten der European Social Survey (ESS, Welle 10) und des Integrationsbarometers (Welle 4) des deutschen Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR). Laut den umfassenden Befragungen, an denen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund teilgenommen haben, stehen Migranten in den europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, zu den Grundwerten der Demokratie.
„Unsere Ergebnisse zeigen: Zugewanderte bekennen sich ähnlich stark zu den zentralen demokratischen Prinzipien wie Personen ohne Migrationshintergrund.“
Laut den analysierten Daten haben sowohl Migranten aus demokratischen Herkunftsländern als auch Migranten aus autoritären Herkunftsländern sehr hohe Zustimmungswerte zu den Grundwerten der Demokratie. Im Mittel liegen sie auf der Skala des ESS von 0 bis 10 bei 8,56 Punkten, während Nicht-Migranten bei 8,48 Punkten liegen. Beim Integrationsbarometer, das nur die Situation in Deutschland untersucht hat und von null bis drei reicht, liegen Migranten durchschnittlich bei 2,67 Punkten und Nicht-Migranten bei 2,66 Punkten.
„Diese jeweils sehr hohen Durchschnittswerte unterscheiden sich bei den einzelnen Personengruppen kaum.“
Die stärksten Unterschiede zwischen der Einstellung von Migranten und Nicht-Migranten bestehen bei Personen aus Ländern mit einer sehr autoritären Politik, etwa Eritrea und Saudi-Arabien.
„Wer viele Jahre in einem sehr autoritären System lebt, entwickelt tendenziell etwas schwächere demokratische Einstellungen. Umgekehrt zeigen Personen, die lange Zeit in demokratischeren Ländern gelebt haben, etwas mehr Zustimmung zur Demokratie. Der Unterschied ist allerdings wirklich klein. Grundsätzlich werden demokratische Grundüberzeugungen über kulturelle und nationale Grenzen hinweg geteilt und sie verfestigten sich in der Regel mit zunehmender demokratischer Lebenserfahrung.“
Die Studie zeigt somit deutlich, dass die Zustimmung zur Demokratie bei Migranten und Nicht-Migranten insgesamt hoch ist und sich auf einem nahezu identischen Niveau befindet. Eine Ausnahme bildet lediglich eine kleine Gruppe von Migranten, die die Demokratie prinzipiell ablehnt. Ihr Anteil an den Migranten macht aber nur etwa fünf Prozent aus und liegt damit etwa auf dem Wert, den auch Personen ohne Migrationshintergrund haben.
„Unsere Analysen zeigen, dass antidemokratische Haltungen kein spezifisches Migrationsphänomen sind. Kritische Minderheiten finden sich in allen Bevölkerungsgruppen.“
Quellen:
Pressemitteilung der Universität Mannheim
Studie im Fachmagazin European Journal of Political Research, doi: 10.1017/S1475676525100285