Diskriminierende Sprache

„Katze im Sack“ soll „Vegane Calzone“ werden

Robert Klatt

Tierschutzorganisation PeTA möchte Redewendungen ändern )kcotS ebodAaiifoS(Foto: © 

Eine Tierschutzorganisation bezeichnet viele Redewendungen als diskriminierend und hat deshalb Alternativen entwickelt. Ob diese angenommen werden könnten, hat nun eine Studie untersucht.

Vilnius (Litauen). Laut der Tierschutzorganisation PeTA enthält die deutsche Sprache viele Redewendungen und Sprichwörter, die Gewalt an Tieren verherrlichen. Wie Yvonne Würz, Biologin und PeTA Fachreferentin Zoo und Zirkus, erklärt, ist dies diskriminierend gegenüber den Tieren. Die Diskriminierung von Lebewesen aufgrund ihrer Spezies (Art) wird in der Wissenschaft als Speziesismus bezeichnet. Dies erklärt auch der vegane Schauspieler Steffen Groth in einem Audiospot von PeTA.

„Speziesismus bedeutet, dass Menschen anderen Tieren alles nehmen, was ihr Leben ausmacht. Wir lassen sie leiden und ermorden sie millionenfach auf grausame Weise, weil unsere Lust auf Fleisch, Leder oder Wolle scheinbar wichtiger ist als ihr Leben.“

Die Tierschutzorganisation PeTA deshalb für zehn oft verwendete deutsche Sprichwörter und Redewendungen Alternativen entwickelt.

  • „Ein Hühnchen rupfen“ wird zu „Mit jemandem Weinblätter rollen zu haben“
  • „Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“ wird zu „Zwei Erbsen auf eine Gabel laden“
  • „Den Stier bei den Hörnern packen“ wird zu „So furchtlos wie eine Kuhmutter handeln“
  • „Wie ein Fisch auf dem Trockenen“ wird zu „Sich unwohl fühlen oder hilflos sein“
  • „Die Katze aus dem Sack lassen“  wird zu „Die vegane Calzone aufschneiden“
  • "Krokodilstränen vergießen“ wird zu „Speziesistische Tränen vergießen“
  • „Schwein gehabt“ wird zu „Glück gehabt“
  • „Weder Fisch noch Fleisch“ wird zu „Eine Sache ist akzeptabel“
  • „Da steppt der Bär“ wird zu „Da wedelt der Hund mit seiner Rute“
  • „Sich zum Affen machen“ wird zu „Sich zum fleischessenden Umweltschützer machen“

Sprache beeinflusst Denkmuster

Laut dem Ökolinguisten Reinhard Heuberger von der Universität Innsbruck ist es in der Sprachwissenschaft seit Langem bekannt, dass die Sprache Denkmuster des Menschen beeinflusst.

„Speziesismus ist in so gut wie jeder Hinsicht mit Rassismus und Sexismus vergleichbar, nur sind die Opfer der Diskriminierung halt Tiere statt Menschen. Wenn die Möglichkeit besteht, das Mensch-Tier-Verhältnis über einen geänderten Sprachgebrauch zu verbessern, überwiegen aus meiner Sicht die Vorteile, solche Redewendungen zu ersetzen.“

Laut dem Wissenschaftler sind sich Experten auf dem Gebiet der Ökolinguistik aber bewusst, dass von ihnen vorgeschlagene Änderungen der Sprache dazu führen könnten, dass sie als Teil der politischen Korrektheit angesehen werden. Die politisch korrekte Sprache verzichtet auf sämtliche Wörter und Formulierungen, die von anderen Menschen als abwertend oder beleidigend wahrgenommen werden könnten.

Kritiker dieser Bewegung sind überzeugt, dass diese Art der sprachlichen Anpassungen zu einer Einschränkung der Redefreiheit führt, und lehnen sie daher ab. Auch Heuberger sieht daher die Gefahr, dass Menschen die neuen Redewendungen ablehnen könnten, obwohl ihnen das Tierwohl wichtig ist.

„Wenn man den Menschen aber erklärt, dass es primär um Bewusstseinsschaffung geht, sind sie meistens bereit, sich damit auseinanderzusetzen.“

Akzeptanz der neuen Redewendungen

Olena Fomenko, eine Linguistin vom Institut für litauische Sprache, hat kürzlich untersucht, ob die von PeTA konzipierten Redewendungen ihr Ziel erreichen können. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Acta Linguistica Lithuanica haben neue Redewendungen mehr Chancen, wenn sie ähnlich klingen. Bei einem Großteil der deutschen Redewendungen ist dies nicht der Fall. Bei den englischen Redewendungen hat die Tierschutzorganisation aber teilweise Lösungen gefunden, etwa „Feed two birds with one scone“ („Zwei Vögel mit einem Gebäck füttern“) anstatt „Kill two birds with one stone“ („Zwei Vögel mit einem Stein töten“), die sich sehr ähnlich anhören.

Fomenko erklärt in ihrer Studie zudem, dass PeTA sich durch den Vorschlag, die Redewendungen zu ändern, selbst schaden könnte, wenn der Vorschlag von der Allgemeinheit als zu weltfremd oder radikal empfunden wird.

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