Robert Klatt
Besonders optimistische Menschen treffen bei finanziellen Fragen öfter schlechtere Entscheidungen als eher realistisch oder pessimistisch denkende Personen.
Bath (England). Viele Menschen sind der Ansicht, dass optimistische Menschen ein glücklicheres Leben führen und gesünder sind. Dies belegt unter anderem auch eine Studie der Harvard T.H. Chan School of Public Health (DrPH) laut der Optimisten länger leben. Dr. Chris Dawson von der University of Bath hat nun eine Studie publiziert, die einen Nachteil von extremem Optimismus offenbart.
Laut der Publikation im Fachmagazin Personality and Social Psychology Bulletin besitzen Menschen mit einer sehr optimistischen Lebenseinstellung geringere kognitive Fähigkeiten, darunter ein schlechteres numerisches Verständnis und Gedächtnis. Menschen mit einer eher realistischen oder pessimistische Einstellung haben hingegen laut der Studie bessere kognitive Fähigkeiten.
„Die Zukunft genau vorherzusagen ist schwierig, und aus diesem Grund könnten wir erwarten, dass Personen mit geringer kognitiver Fähigkeit mehr Fehler in ihren Urteilen machen, sowohl pessimistische als auch optimistische. Aber die Ergebnisse sind eindeutig: Geringe kognitive Fähigkeit führt zu mehr selbstschmeichelnden Vorurteilen - die Menschen täuschen sich bis zu einem gewissen Grad selbst.“
Die Studie basiert aus Daten von 36.000 Haushalten, die zu ihren finanziellen Erwartungen und ihren tatsächlichen finanziellen Ergebnissen befragt wurden. Die Teilnehmer mit den besten kognitiven Fähigkeiten hatte eine deutliche Abnahme der Wahrscheinlichkeit von extremem Optimismus (- 35 %) und eine deutliche Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Realismus (+ 22 %).
„Das Problem, dass wir darauf programmiert sind, positiv zu denken, ist, dass es unsere Entscheidungsqualität negativ beeinflussen kann, besonders wenn wir ernste Entscheidungen treffen müssen. Wir müssen in der Lage sein, das zu überwinden, und diese Forschung zeigt, dass Menschen mit hoher kognitiver Fähigkeit dies besser bewältigen als diejenigen mit geringer kognitiver Fähigkeit.“
Die Studie zeigt, dass Menschen evolutionär dazu neigen, das Beste zu erwarten, jedoch Personen mit einer höheren kognitiven Fähigkeit besser in der Lage sind, diese natürliche Neigung bei wichtigen Entscheidungen zu überwinden. Entscheidungen, die auf übermäßig optimistischen Annahmen basieren, führen oft zu schlechteren Ergebnissen als Entscheidungen, die auf realistischen Annahmen basieren.
Dies zeigt sich besonders bei finanziellen Fragen, wie der Wahl von Beschäftigung, Investitionen oder Sparmaßnahmen, sowie bei Entscheidungen, die mit Risiko und Unsicherheit verbunden sind. Optimistische Erwartungen können deshalb zu finanziellen Problemen wie Schulden und unzureichenden Ersparnissen führen.
Personality and Social Psychology Bulletin, doi: 10.1177/01461672231209400
