Widersprüchliches Material

Erster experimenteller Nachweis von Suprafestkörper

Robert Klatt

Suprafestkörper (Symbolbild) )kcotS ebodAjy(Foto: © 

Suprafestkörper, also eine feste Supraflüssigkeit, existierten bisher nur theoretisch. Physiker haben das widersprüchliche Material nun im Labor produziert.

Peking (China). In Supraflüssigkeiten kommt es durch einen makroskopischen Quanteneffekt dazu, dass es keine innere Reibung gibt. Teilchen können sich dadurch auch an Wänden hochbewegen. Die Physik untersucht seit Langem, ob das Verhalten von Supraflüssigkeiten auch in Feststoffen mit einer steifen Struktur existieren kann. Ein sogenannter Suprafestkörper konnte bislang aber nur in exotischen Quantengasen erzeugt werden.

Forscher der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) um Gang Su haben laut einer Publikation im Fachmagazin Nature erstmals einen Suprafestkörper mit den widersprüchlichen Eigenschaften entdeckt. Es handelt sich dabei um ein Natrium-Barium-Kobaltphosphat, in dem die ungepaarten Elektronen dreieckige Gitter bilden.

Quantenmagnetische Effekte im Spingitter

Der Suprafestkörper ist antiferromagnetisch. In ihm haben ungepaarte, benachbarte Elektronen also entgegengesetzte Spins. Weil die Elektronen in dreieckigen Gittern angeordnet sind, können aber nicht alle ein zu ihrem Nachbar entgegengesetzten Spin haben. Ein solches Spingitter, dessen Elektronen keine stabile Anordnung einnehmen können, wird als frustriert bezeichnet. Forscher der CAS prognostizieren laut einer Veröffentlichung im Fachmagazin npj Quantum Materials bereits 2022, dass in frustrierten Spingittern Suprafestkörper existieren können.

Magnetokalorischer Effekt offenbart Suprafestkörper

In der Experimentalphysik ist es jedoch schwer, exotische Materiezustände nachzuweisen. Die Forscher um Su haben dazu den magnetokalorischen Effekt verwendet, bei dem sich der Suprafestkörper durch ein Magnetfeld erwärmt hat, sowie Computersimulationen des Materials und dessen Neutronenstreuung.

Sie konnten mithilfe von Temperaturmessungen die Spinzustände und ihre Übergänge beobachten. Die gemessene Anordnung der Spins stimmt den Simulationen von Suprafestkörpern überein und belegt, dass es sich bei dem Natrium-Barium-Kobaltphosphat um einen realen Suprafestkörper handelt.

In ihm ist die Reibung aber nicht null, sondern lediglich die Spins ungepaarter Elektronen haben keine Viskosität. Es handelt sich bei dem Material also um einen Spin-Suprafestkörper, der sich innerhalb eines normalen Materials befindet.

Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06885-w

npj Quantum Materials, doi: 10.1038/s41535-022-00500-3

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