Anorganisches Wachstum

Unternehmensübernahmen sollen Transformation beschleunigen

Robert Klatt

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Unternehmenskäufe sollen Transformation beschleunigen

In Deutschland werden zehntausende Unternehmen pro Jahr verkauft. Eine Umfrage unter Geschäftsführern zeigt nun die Gründe für die Übernahmen.

Frankfurt am Main (Deutschland). In Deutschland wurden laut einer Studie des Instituts für Mittelstandforschung (IfM) im Zeitraum von 2018 und 2022 etwa 150.000 Unternehmen mit etwa 2,4 Millionen Mitarbeitern verkauft. Eine Prognose des IfM kam zu dem Ergebnis, dass im Zeitraum von 2022 bis 2026 rund 190.000 Unternehmenstransaktionen in der Bundesrepublik erfolgen, also etwa ein Viertel mehr als in der zuvor analysierten Fünf-Jahres-Periode. Auch Dirk Daniel, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Berater für Unternehmenskauf, ist der Ansicht, dass die Anzahl der Unternehmenstransaktionen in den kommenden Jahren deutlich zunimmt.

Analysten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) haben angesichts dieser Situation untersucht, aus welchen Gründen es zu Mergers & Acquisitions (M&A) Deals kommt. Die Studie hat dazu eine Umfrage unter Geschäftsführern aus unterschiedlichen Ländern durchgeführt.

Krisenzeiten als Chance für M&A

Die Umfrage wurde 2023 durchgeführt, also während einer Zeit, in der viele Unternehmen unter hohen Energiekosten, einer hohen Inflation, einer problematischen geopolitischen Lage, geschwächten Lieferketten und einem zunehmenden Fachkräftemangel gelitten haben. Die Wissenschaftler gingen deshalb davon aus, dass viele Unternehmen ihre M&A-Aktivitäten reduzieren, um die Krisenzeit zu überbrücken.

Laut der Umfrage erklärte ein Großteil der befragten Geschäftsführer jedoch, dass die bereits geplanten Unternehmensübernahmen angesichts der ökonomischen Situationen nicht verschoben werden. Sie nannten als Grund für diese Entscheidung häufig, dass die Übernahmen den Transformationsprozess in ihrem Unternehmen erleichtern, etwa durch die Integration neuer digitaler Technologien und Fertigungsprozess, die normalerweise über mehrere Jahre entwickelt werden müssten.

Start-ups leiden unter Kapitalmangel

Die Geschäftsführer gaben zudem an, dass viele Start-ups in der Krisenzeit weniger Risikokapital erhalten und schlechter an neue Kredite kommen. Etablierte Konzerne sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben deshalb hohe Chancen, Start-ups zu guten Konditionen zu übernehmen und die Technologien und Geschäftszweige zu integrieren.

Viele Mittelständler haben sich deshalb dazu entschieden, branchenfremde Start-ups zu kaufen, um ihr Produktportfolio zu erweitern oder um in neue Märkte zu expandieren. Laut den befragten Geschäftsführern kommt es dadurch oft zu Synergien, dank denen sich Prozesse optimieren lassen.

Anorganisches Wachstum durch Unternehmensübernahmen

Die Studie zeigt zudem, dass viele Unternehmen durch M&A ein schnelles, anorganisches Wachstum erzielen möchten. In manchen Branchen, darunter der Energiesektor und der Automotive-Bereich, werden Transaktionen außerdem dazu verwendet, um die unternehmensinterne Energiewende zu beschleunigen und nachhaltiger zu werden. Ein weiterer Grund für Unternehmensübernahmen ist der Fachkräftemangel. Laut der Umfrage führen viele Unternehmen Übernahmen durch, um das Personal zu übernehmen und die personellen Kapazitäten schnell auszubauen. Es wird somit deutlich, dass viele Unternehmensübernahmen erfolgen, um die Wachstumsambitionen umzusetzen und zu beschleunigen.

Finanzierung der Unternehmensübernahmen

Die Umfrage hat zudem die Finanzierung der Unternehmensübernahmen untersucht. Laut den befragten Geschäftsführern sind viele Banken angesichts der wirtschaftlichen Situation, vor allem in ohnehin riskanten Bereichen und energieintensiven Branchen, deutlich vorsichtiger. Ein weiteres Problem, das Unternehmensübernahmen merklich erschwert, ist die Novelle der Vergaberichtlinien und Kreditkonditionen. Besonders KMU nutzen für Unternehmenskäufe statt Bankkredite deshalb immer öfter andere Finanzierungsalternativen.

Besonders relevant ist dabei laut der Umfrage das Finanzierungsmodell Sale & Lease Back (SLB), durch das Unternehmen ihre Liquidität mit einer Innenfinanzierung stark erhöhen können. Es handelt sich dabei um ein Modell, bei dem Wertgegenstände, etwa Maschinen und Gebäude, verkauft und unmittelbar zurückgeleast werden. Die Unternehmen können diese Gegenstände somit ohne Unterbrechung nutzen und erhalten neue Liquidität für Übernahmen.

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