Internet-Analyse

Über 90 Prozent der Casino-Werbung ist illegal

Dennis L.

Eine Studie fand heraus, dass weit über 90 Prozent der Casino-Werbung in Deutschland illegal ist und gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstößt. )kcotS ebodAnudrub(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Legale und illegale Online-Casinos sind nur schwer zu unterscheiden
  • Über 90 Prozent der Glücksspielwerbung ist illegal
  • Der Staat muss mehr auf Regelverstöße achten

Die Präsenz von Online-Werbung für Casinos und Glücksspiele auf Internetseiten und in Mobile-Apps hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass über 90 Prozent dieser Werbung in Deutschland oder der EU illegal ist. Häufig wird in dieser Werbung ein Spiel oder ein Spielkonzept beworben, welches auf den ersten Blick nichts mit Glücksspiel zu tun hat, am Ende aber ein nicht reguliertes Casinospiel ist. Dies zeigt wie wichtig strengere Gesetze und Kontrollen sind, damit legale Online-Casinos in Deutschland keinen Wettbewerbsnachteil haben.

Berlin (Deutschland). Vor der Einführung des Glücksspielstaatsvertrags war der Online-Glücksspielmarkt weitgehend unreguliert, was zu einer unkontrollierten Ausbreitung von Glücksspielangeboten im Internet führte. Anbieter konnten ohne strenge Auflagen agieren, und es gab kaum Schutzmaßnahmen für Spielerinnen und Spieler. Dieser Mangel an Regulierung begünstigte die Entstehung von problematischen Spielverhalten und führte zu einer erhöhten Präsenz von Werbung für Glücksspiele, auch in weniger offensichtlichen Formen.

Der Glücksspielstaatsvertrag, den die Bundesländer eingeführt haben, verfolgt ambitionierte Zielsetzungen. Mit einer sogenannten White List lizenzierter Online-Casinos sollen Spieler effektiv geschützt und vor Spielsucht bewahrt werden. Um die begehrte Lizenz zu erhalten, müssen Anbieter eine Reihe von anspruchsvollen und teils kontroversen Kriterien erfüllen. Zu den am meisten akzeptierten Voraussetzungen zählen das Verbot des Zugangs für gesperrte Spieler und Minderjährige sowie die Untersagung von Darlehensvergabe und -werbung durch Casinos. Das von den Online-Casinos geforderte IT-Sicherheitskonzept wird allgemein als positiv betrachtet. Allerdings stößt das Verbot schneller, suchterhöhender Wiederholungen und der monatliche Maximaleinsatz von 1.000 Euro bei vielen engagierten Spielern auf Unmut. Die Konsequenz: Eine Abwanderung in den unregulierten Schwarzmarkt.

Verlorene Steuereinnahmen für den Staat

Die Tatsache, dass Glücksspielfans in einen Bereich abwandern, der hinsichtlich Spielerschutz und Suchtprävention kaum Maßnahmen ergreift, stellt einen bedauerlichen Nachteil des deutschen Glücksspielstaatsvertrags dar. Eine weitere unerwünschte Folge ist der Verlust von Steuereinnahmen. Durch den neuen Vertrag erhoffte sich der Staat zusätzliche Einnahmen, da die Einsätze in lizenzierten Casinos besteuert werden sollten. Die Analyse der Steuereinnahmen zeigte zwar, dass Online-Casinos florieren, aber auch, dass die tatsächlichen Steuereinnahmen niedriger ausfallen als dem heutigen Ausmaß des Online-Glücksspiels angemessen wäre. Eine aktuelle Studie zeigt, dass ein möglicher Grund dafür die Umgehung des im Glücksspielstaatsvertrag festgelegten Werbeverbots für illegale Angebote sein könnte.

Der Glücksspielstaatsvertrag setzt zwei verschiedene Werbeverbote in Kraft. Einerseits ist es Online-Casinos untersagt, auf ihrer eigenen Domain für andere Glücksspielangebote zu werben. Andererseits bleibt das Bewerben von illegalen Glücksspielangeboten selbstverständlich unzulässig. Mithilfe einer detaillierten Untersuchung ermittelten Medien- und Rechtsexperten den tatsächlichen Anteil an gesetzeswidriger Werbung. Dabei wurden die verschiedenen Werbeformen und Kanäle eingehend analysiert, um ein umfassendes Bild der aktuellen Situation zu gewinnen und mögliche Verbesserungsansätze aufzuzeigen.

Begutachtung des Studienkonzepts und seiner Umsetzung

Um eine klare Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Anbietern zu gewährleisten, kooperierten die Studienautoren mit einer Kanzlei, die auf das komplexe Glücksspielrecht spezialisiert ist. Die Kanzlei stellte fest, dass als legale Online-Casinos nur jene gelten, die von den Glücksspielbehörden die erforderliche Lizenz erhalten haben und auf der sogenannten White List geführt werden. Eine Ausnahme bilden Casinos, die sich derzeit im Genehmigungsverfahren zur Erteilung der Lizenz befinden. Allerdings unterliegen auch diese bereits dem Werbeverbot, das durch den seit Juli 2021 gültigen Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten ist.

Zur Ermittlung relevanter Werbeaktivitäten sammelten die Autoren der Studie fundierte Daten, bestehend aus Suchergebnissen bei Google und einer populären Streaming-Plattform nach Eingabe von charakteristischen Suchbegriffen wie "Slots". Die ermittelten Ergebnisse wurden in die Kategorien "legal" und "illegal" eingeteilt. Die daraus resultierenden Prozentwerte zeichnen ein sowohl signifikantes als auch besorgniserregendes Bild der Glücksspielwerbung:

  • Bei der organischen Werbung waren 97,88 Prozent aller Aktivitäten nicht rechtskonform.
  • Bei bezahlten Anzeigen sind es sogar 99,42 Prozent, die unrechtmäßig werben.

Auch die Bereiche Affiliate- und Influencer-Marketing bergen großes Potenzial für unerlaubte Glücksspielwerbung, indem sie auf Angebote von nicht lizenzierten Online-Casinos verweisen.

Herausforderungen bei der Identifizierung seriöser Online-Casinos

Es ist für Nutzer häufig schwierig, legale von illegalen Online-Casinos zu unterscheiden, da diese oft ähnliche Webdesigns und Spielangebote haben. Zudem nutzen beide Arten von Anbietern gezielte Marketingstrategien, um potenzielle Spieler anzusprechen, was die Unterscheidung zusätzlich erschwert. Der Casino-Experte und Autor Steffen Breitner kommentiert die Studienergebnisse wie folgt und verweist dabei auf Checklisten, beispielsweise von www.betrugstest.com, mit deren Hilfe man legale Casinos online finden und identifizieren kann:

Die Anzahl der Glücksspielanbieter in Deutschland steigt stetig an. Darunter können sich auch schwarze Schafe befinden. Es gibt aber einige Merkmale, an denen man seriöse Anbieter von dubiosen und illegalen Online Casinos unterscheiden kann.“

Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit, legale Werbung zu finden, bei 1:97 oder sogar 1:99 liegt. Dies stärkt das illegale Glücksspiel nachhaltig, während seriöse Anbieter im Internet eher im Hintergrund bleiben. Der Schutz der Spielerinnen und Spieler sowie die Suchtprävention sind dadurch schwerer zu erreichen. Darüber hinaus ist es auch für den Staat nachteilig, dass das Werbeverbot nicht ausreichend überwacht wird. Denn die Abwanderung in den Schwarzmarkt führt auch dazu, dass dem Staat erhebliche Steuereinnahmen entgehen.

Staatliche Verantwortung und Handlungsbedarf

Derzeit gibt es mehrere Klagen gegen illegale Anbieter, die jedoch darauf verweisen, dass sie zwar keine deutsche, aber eine europäische Lizenz besitzen, welche ebenfalls strenge Auflagen in Bezug auf Spielerschutz, Suchtprävention, IT-Sicherheit und Seriosität erfordert. Legale Anbieter und Suchtexperten fordern, dass der Staat seine eigenen Vorschriften deutlich kommunizieren, deren Einhaltung überwachen und bei Nichteinhaltung rigoros sanktionieren müsse. Nur das Eindämmen des Schwarzmarkts schaffe Bedingungen, die sowohl den seriösen Casinos als auch der Spieler-Community zugutekommen. 2023 soll der neue Glücksspielstaatsvertrag erstmals überprüft werden.

Die Verbesserung der Kontrollmechanismen im Bereich des Werbeverbots wird von vielen Beteiligten als entscheidend angesehen, um die Glücksspielbranche präzise zu regulieren und den Schwarzmarkt von Anbietern ohne Lizenz einzuschränken. Diese Anpassungen könnten dazu beitragen, ein sichereres und transparenteres Umfeld für Spieler und Anbieter gleichermaßen zu schaffen, während die staatlichen Bestrebungen zur Suchtprävention und zum Schutz der Spieler weiterhin im Vordergrund stehen.

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