Wintersport

Skisport in Europa wird für Millionen zur Preisfrage

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Ein Blick auf volle Pisten und kahle Hänge in tieferen Lagen verdeutlicht, wie ungleich sich der Skisport in Europa entwickelt. Während hoch gelegene Skigebiete trotz kürzerer Winter noch stabile Saisons melden, kämpfen kleinere Regionen mit verkürzten Schneefenstern und schwankender Nachfrage. Zugleich reagieren Betreiber mit dynamischer Preisgestaltung und immer weiter steigenden Skipasspreise, die viele Haushalte an die Schmerzgrenze bringen. )kcotS ebodAniloC(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Wintersport bleibt für viele Familien ein kostspieliges Vergnügen
  • Skisport hängt zunehmend von künstlichem Schnee und Energiepreisen ab
  • Skipasspreise entscheiden immer öfter über Zielwahl der Urlauber

Die Alpenregion erlebt nach dem pandemiebedingten Einbruch einen starken Aufschwung, doch Nachfrage und Entwicklung von Skisport verlaufen höchst unterschiedlich. Tourismusstatistik und Branchenberichte zeigen Rekordwerte bei Skier Visits in einigen Ländern, während andere Regionen mit historisch niedrigen Zahlen kämpfen. Gleichzeitig steigen Skipasspreise in vielen Skigebieten deutlich schneller als die Inflation und verschieben die Grenzen dessen, was sich Durchschnittsverdiener leisten können. Wie stark Klimaeinflüsse, Energiepreise und neue Trends im Freizeitsport diese Verschiebungen antreiben, lässt sich inzwischen mit detaillierten Datensätzen und Modellen immer genauer nachzeichnen.

Skisport gehört zu den Freizeitsportarten, bei denen Europa im globalen Vergleich eine besondere Rolle einnimmt. Nach Schätzungen internationaler Organisationen entfallen 9 bis 16 Prozent aller weltweiten Auslandsreisen auf Bergregionen, was im Jahr 2019 etwa 195 bis 375 Millionen Ankünfte entspricht; für Europa werden allein 112 bis 205 Millionen Gästeankünfte in Gebirgszielen genannt, in denen der Wintertourismus dominiert. In der Alpenregion und in großen Teilen Skandinaviens sind Skigebiete in Europa zentrale Arbeitgeber, Infrastrukturbetreiber und Devisenbringer, weil sie jede Saison Millionen von Übernachtungen, Skikursen und Seilbahnfahrtstunden generieren. Branchenanalysen sprechen für den Winter 2023/24 von mehr als 366 Millionen sogenannten Skier Visits weltweit, also einzelnen Skitagen, die sich auf knapp 2.000 Skigebiete in 68 Ländern verteilen, mit einem deutlichen Schwerpunkt in Europa. Tourismusstatistik aus alpinen Ländern zeigt zugleich, dass Wintersport Nachfrage stark vom verfügbaren Einkommen, von der Wettbewerbssituation anderer Reiseformen und von Trends im Freizeitsport beeinflusst wird, etwa wenn Städtereisen, Kreuzfahrten oder ganzjährige Outdoor-Aktivitäten um die gleichen Urlaubsbudgets konkurrieren.

Seit der Saison 2018/19 hat sich dieses Gefüge deutlich verschoben. Die Wintersport Nachfrage brach in den Pandemiewintern 2019/20 und vor allem 2020/21 vielerorts fast vollständig ein, weil internationale Reisen, Beherbergung und teils sogar der Betrieb der Skilifte untersagt waren. In der Folge verzeichneten zahlreiche Skigebiete in Europa ab 2021/22 Nachholeffekte mit voll ausgelasteten Wochenenden, während andere Regionen wegen Reisebeschränkungen, fehlender Schulskikurse oder schwacher Schneelage nur langsam auf frühere Niveaus zurückkehrten. Parallel dazu wurde eine neue Generation von Klimadaten entwickelt, etwa ein pan-europäischer Datensatz zu Schnee- und Wetterindikatoren, der als Grundlage für Klimarisikoanalysen im Skitourismus dient und die Empfindlichkeit der Branche gegenüber Temperaturschwankungen quantifizierbar macht. Klimawandel im Wintertourismus, volatile Energiepreise und teils zweistellige Inflationsraten schlagen inzwischen direkt auf Betriebskosten und Skipasspreise durch, sodass sich immer klarer abzeichnet, in welchen Segmenten Skisport ein Massenprodukt bleibt und wo er sich zu einem vergleichsweise teuren Nischenangebot entwickelt.

Nachfrage nach Skisport in Europa seit 2019

Beim Blick auf die großen Märkte zeigt sich ein deutlich differenziertes Bild. Analysen des internationalen Branchenreports zum Skitourismus deuten darauf hin, dass die globalen Skier Visits seit der Pandemie nicht nur wieder das Vorkrisenniveau erreicht, sondern es in mehreren Saisons überschritten haben. In Europa verläuft die Entwicklung jedoch ungleich: Italien, einige skandinavische Länder und Teile Osteuropas melden Rekordbesuche, während klassische Kernmärkte wie Frankreich und Österreich noch leicht unter den Höchstständen von 2018/19 liegen und Deutschland historisch niedrige Besuchszahlen in vielen Mittelgebirgsgebieten verzeichnet. Parallel dazu zeigen Haushaltsumfragen, dass steigende Energie- und Lebenshaltungskosten vor allem preissensible Gäste zu kürzeren Aufenthalten und zu Tagesausflügen statt mehrtägiger Skiurlaube veranlassen. So entstehen neue Muster, in denen Skisport näher am Wohnort, zeitlich flexibler und stärker mit anderen Freizeitaktivitäten kombiniert wird.

Strukturell verschiebt sich der Markt zwischen Ländern und Höhenlagen. Höher gelegene Destinationen mit zuverlässiger Schneedecke und guter Verkehrsanbindung ziehen überproportional viele internationale Gäste an, während tiefere Lagen mit weniger planbaren Wintern stärker von regionalen Kurzreisen abhängen. In der Alpenregion profitieren gut erreichbare Bahnknotenpunkte von Gästen, die aus Klimagründen auf das Flugzeug verzichten und zunehmend auf Bahnverbindungen setzen. Gleichzeitig gewinnen skandinavische Ziele an Bedeutung, weil dort kalte Winter und stabile Schneeverhältnisse auch bei moderatem Klimaerwärmungsszenario vorerst als relativ sicher gelten. In Summe bleibt Skisport in Europa ein Massenphänomen, verlagert sich aber geografisch und sozial: Höhere Einkommen sichern sich bevorzugt schneesichere Premiumlagen, während mittlere Budgets vermehrt auf preisgünstigere Regionen und auf kombinierte Freizeitpakete ausweichen.

Klimawandel im Wintertourismus und Schneesicherheit

Klimaforschung und langjährige Messreihen zeigen, dass die Schneesicherheit seit Jahrzehnten abnimmt, insbesondere in mittleren Höhenlagen. Eine Analyse von Messstationen in den Alpen ergab, dass die durchschnittliche Schneehöhe seit den 1920er-Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen ist; parallel wurde die Dauer der geschlossenen Schneedecke deutlich kürzer. Auswertungen solcher Daten werden auch in journalistisch aufbereiteten Fachbeiträgen genutzt, etwa wenn Ergebnisse wie die Aussage, dass der Schnee in den Alpen im Mittel um mehr als ein Drittel abgenommen hat, in einen allgemein verständlichen Kontext gestellt werden. Solche Trends zwingen Betreiber dazu, stärker in Beschneiungsanlagen, Wasserspeicher und Energieinfrastruktur zu investieren, um überhaupt eine verlässliche Saisonlänge zu gewährleisten. Die Folge sind steigende Fixkosten, die sich schließlich in höheren Preisen und veränderten Angebotsstrukturen niederschlagen.

Neben der Vergangenheit rücken Projektionen in den Vordergrund. Pan-europäische Modellierungen, wie sie etwa Morin und Kollegen mit einem Datensatz zu meteorologischen und schneetouristischen Indikatoren vorgelegt haben, zeigen, dass viele Gebiete unterhalb von etwa 1.500 Metern Meereshöhe bei weiter steigenden Temperaturen nur mit intensivem Kunstschnee-Einsatz eine wirtschaftlich tragfähige Saison aufrechterhalten können. Studien zur Verwundbarkeit von Skigebieten in Europa kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass ein signifikanter Anteil der heute betriebenen Pisten bei einer Erwärmung um 2 Grad Celsius deutlich weniger natürliche Schneetage aufweisen würde, was den Energie- und Wasserbedarf für Beschneiung erhöht und Konflikte mit anderen Nutzungen verstärken kann. Vor diesem Hintergrund verweisen Analysen wie Klimawandel gefährdet die meisten Skigebiete in Europa darauf, dass langfristige Strategien zur Anpassung und Diversifizierung der Angebote zunehmend wichtiger werden, um die Abhängigkeit vom klassischen Skibetrieb zu verringern.

Preise und Analyse der Skipasspreise in Europa

Kaum ein Thema wird in Gesprächen mit Gästen so häufig angesprochen wie die Ticketpreise. Die Analyse der Skipasspreise in Europa zeigt, dass Tagestickets seit Mitte der 2000er-Jahre deutlich schneller gestiegen sind als die allgemeine Verbraucherpreisinflation. Eine jüngere Auswertung von 100 großen Skigebieten ergab, dass der durchschnittliche Preis eines Tagesskipasses im Winter 2023/24 bei rund 66,46 Euro lag und damit etwa 24,7 Prozent höher war als unmittelbar vor der Pandemie im Jahr 2019. Insgesamt stiegen die Kosten des Skifahrens seit 2015 um rund 34,8 Prozent über die Inflation hinaus, mit besonders starken Aufschlägen in der Schweiz, in Österreich und in Italien. Gleichzeitig hat sich der Preisabstand zwischen Premiumdestinationen und günstigeren Regionen vergrößert: Während Spitzenresorts Tagestickets um oder über 100 Euro verlangen, bleiben einige osteuropäische Gebiete mit Preisen um 30 bis 40 Euro deutlich darunter.

Aus der Perspektive der Gäste wirken sich diese Unterschiede unmittelbar auf die Wahl des Zielgebiets aus. Viele Haushalte kalkulieren Urlaube heute stärker über das Gesamtpaket aus Skipasspreise, Unterkunft und Anreise, wobei dynamische Preissysteme der Bergbahnen zu zusätzlicher Intransparenz führen können. Studien zur Preisbildung in alpinen Skigebieten zeigen, dass variable Tarife grundsätzlich höhere Erlöse ermöglichen, gleichzeitig aber Nachfrage in weniger ausgelastete Tage verschieben sollen, um Staus und Überfüllung zu verringern. Auf der Nachfrageseite berichten Verbraucherschützer in einzelnen Ländern bereits von spürbaren Rückgängen der Buchungen im unteren und mittleren Preissegment, weil ein Skiurlaub für Familien mit mehreren Kindern zunehmend als Luxus wahrgenommen wird. Besonders in Regionen mit schwächerer Kaufkraft wirken sich starke Preissprünge direkt auf Besuchsfrequenz und Aufenthaltsdauer aus, während internationale Stammgäste in sehr hoch gelegenen Resorts Preissteigerungen eher akzeptieren.

  • In hochpreisigen Ressorts treiben Investitionen in Beschneiung, Energie und Komfort die Skipasspreise besonders stark nach oben
  • Mittelgroße Gebiete reagieren mit zeitlich befristeten Rabatten und dynamischer Preisgestaltung auf Nachfrageeinbrüche
  • Günstigere Regionen versuchen, über Pauschalen und Familienangebote trotz steigender Kosten preislich attraktiv zu bleiben

Zukunft von Skisport und Skigebieten in Europa

Die weitere Entwicklung von Skisport in Europa wird maßgeblich davon abhängen, wie flexibel Betreiber und Regionen auf die Kombination aus Nachfrageverschiebungen, Klimarisiken und Kostensteigerungen reagieren. In höheren Lagen investieren viele Destinationen in saisonübergreifende Angebote, um Infrastruktur wie Seilbahnen ganzjährig auszulasten und nicht allein vom klassischen Wintersport abhängig zu sein. Parallel dazu gewinnen nicht nur Schneesportarten, sondern auch andere Trends im Freizeitsport an Bedeutung, etwa Trailrunning, Mountainbiken oder Wellnessangebote, die in denselben Regionen stattfinden und teilweise dieselben Gästegruppen ansprechen. Beiträge wie Schneesaison in den Alpen verkürzt sich zunehmend illustrieren, dass sich Saisonfenster verschieben und tendenziell verkürzen, was langfristige Investitionsentscheidungen erschwert.

Gleichzeitig bleibt Skisport für viele Regionen ein zentraler wirtschaftlicher Pfeiler. In manchen Tälern stammen ein Großteil der Tourismuseinnahmen, der kommunalen Steuereinnahmen und der saisonalen Beschäftigung aus dem Wintergeschäft. Dort, wo die Kombination aus Höhenlage, Infrastruktur und Erreichbarkeit stimmt, könnte Skisport auch in den kommenden Jahrzehnten eine starke Stellung behalten. In anderen Gebieten werden Betreiber dagegen prüfen müssen, ob eine stärkere Ausrichtung auf ganzjährigen Bergtourismus oder alternative Produkte wirtschaftlich sinnvoller ist. Europaweit zeichnet sich damit ein zweigeteilter Markt ab: schneesichere, hochpreisige Kerngebiete einerseits und stärker diversifizierte Regionen andererseits, in denen Skisport nur noch eines von mehreren Standbeinen ist.

Climate Services, Pan-European meteorological and snow indicators of climate change impact on ski tourism; doi:10.1016/j.cliser.2021.100215
Tourism Management, Optimal prices for alpine ski passes; doi:10.1016/j.tourman.2017.09.006

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