Clickbaits und Co.

Onlinemedien nutzen immer klickträchtigere und negativere Schlagzeilen

 Robert Klatt

Onlinemedien nutzen immer mehr Clickbaits )kcotS ebodAawatao(Foto: © 

Die Überschriften in Onlinemedien haben sich seit den frühen Tagen des Internets stark verändert. Inzwischen nutzen auch nahezu alle Qualitätsmedien Clickbaits, um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu gewinnen.

Berlin (Deutschland). Im Internet konkurrieren immer mehr Medien um die Aufmerksamkeit der Nutzer. Schlagzeilen, die Menschen zum Aufrufen eines Artikels aufrufen, sind deshalb entscheidend für den ökonomischen Erfolg. Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) haben deshalb untersucht, ob sich die Gestaltung der Überschriften in Onlinemedien seit dem Beginn des Internets verändert hat.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Humanities and Social Sciences Communications haben sie dazu mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) rund 40 Millionen Schlagzeilen analysiert, die von unterschiedlichen Onlinemedien in den vergangenen 20 Jahren veröffentlicht wurden. Die KI hat unter anderem deren Tonalität, Länge und Satzstruktur ausgewertet.

„Unsere Analyse zeigt, dass sich die Sprache von Online-Schlagzeilen über die Jahre hinweg systematisch verändert hat. Viele dieser Veränderungen deuten auf eine Anpassung an die Anforderungen und Möglichkeiten des digitalen Umfelds hin.“

Clickbaits in (fast) allen Onlinemedien

Die Analyse zeigt, dass Schlagzeilen im Internet sich stark entwickelt haben und inzwischen deutlich mehr negative Wörter enthalten. Außerdem sind die Überschriften deutlich länger als in den Anfangstagen des Internets, als die meisten Onlinemedien sich noch an den kürzeren Überschriften von gedruckten Zeitungen und Magazinen orientiert haben.

„Das digitale Format hat den Zwang, sich kurz und bündig auszudrücken, aufgehoben.“

Die Forscher erklären, dass Onlinemedien weniger kurze Nominalsätze verwenden und stattdessen als Überschriften vollständige Sätze mit aktiven Verben nutzen. Außerdem enthalten die Überschriften oft Fragewörter und Pronomen, die das Interesse von potenziellen Lesern wecken sollen.

„Die Veränderungen sind nicht das Ergebnis einzelner redaktioneller Entscheidungen, sondern Ausdruck eines kulturellen Selektionsprozesses. Bestimmte sprachliche Merkmale setzen sich durch, weil sie unter den Bedingungen der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie erfolgreicher sind. Sie werden häufiger verwendet – gegebenenfalls auch ohne, dass sich Produzenten oder Konsumenten dieser Mechanismen bewusst sind.“

Der Einfluss von Facebook und Co.

Laut den Wissenschaftlern sind auch die Empfehlungsalgorithmen von sozialen Netzwerken wie Facebook dafür verantwortlich, dass immer mehr Onlinemedien bei ihren Überschriften auf starke Clickbaits setzen. Diese Entwicklung betrifft auch seriöse Qualitätsmedien, deren Schlagzeilen sich im Zeitverlauf zunehmend an andere Onlinemedien angepasst haben. Dadurch könnte die Gefahr entstehen, dass viele Nutzer nicht mehr zwischen qualitativen und unseriösen Medien unterscheiden können.

„Wenn sich der Stil etablierter Medien denen von problematischen Quellen immer stärker annähert, verschwimmen die Grenzen – und das erschwert auch die Unterscheidung zwischen seriösen und manipulativen Inhalten.“

Die Forscher sprechen sich deshalb dafür aus, nicht Klicks als Kennzahl für den Erfolg eines Artikels zu nutzen, sondern auch alternative Kriterien zu untersuchen, etwa die durchschnittliche Lesedauer.

Humanities and Social Sciences Communications, doi: 10.1057/s41599-025-04514-7

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