Rechtliche Expertise

So helfen Anwälte beim Schadensersatz nach einem Behandlungsfehler

 Robert Klatt  nenoitarepooK etlhazeb tlähtnE

Behandlungsfehler in einem deutschen Krankenhaus )kcotS ebodAdnuL bocaJ(Foto: © 

In Deutschland sind ärztliche Behandlungsfehler keine Seltenheit. Um ihre Schmerzensgeldansprüche durchsetzen zu können, beauftragen deshalb immer mehr Patienten spezialisierte Anwälte.

Essen (Deutschland). Behandlungsfehler treten in Deutschland häufiger auf als allgemein angenommen. Nach Angaben des Medizinischen Dienstes (MD) wurden im Jahr 2023 bundesweit rund 13.000 Verdachtsfälle geprüft. Solche Vorkommnisse führen oft zu erheblichen körperlichen und seelischen Belastungen beim Patienten sowie zu langwierigen gesundheitlichen, finanziellen und rechtlichen Konsequenzen. Die Folgen reichen von leichten Beschwerden bis hin zu dauerhaften Beeinträchtigungen oder gar lebensbedrohlichen Zuständen.

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn medizinisches Fachpersonal von den zum Zeitpunkt der Behandlung geltenden fachlichen Standards abweicht. Maßgeblich ist dabei, ob der betreffende Arzt die medizinisch gebotene Sorgfalt verletzt hat. Die rechtliche Einordnung erfolgt nach zivilrechtlichen Maßstäben, insbesondere aus dem Bereich der vertraglichen und deliktischen Haftung. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob ein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Behandlung vorliegt. Die Bewertung erfolgt in der Regel auf Grundlage medizinischer Gutachten und Sachverständigenmeinungen.

Schmerzensgeld dient im deutschen Recht dem Ausgleich immaterieller Schäden, also insbesondere von Schmerzen, Leiden und Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Anspruchsgrundlage ist § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wonach bei einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden kann. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach dem Ausmaß der erlittenen Beeinträchtigungen, der Dauer der Beschwerden sowie der Schwere des ärztlichen Fehlverhaltens. Ziel ist ein gerechter Ausgleich für das erlittene Unrecht sowie eine Genugtuung für den Betroffenen.

Rechte von Patienten nach einem Behandlungsfehler

Ein Behandlungsfehler kann nicht nur gesundheitliche, sondern auch rechtliche Folgen nach sich ziehen. Zentrale Rechte ergeben sich unter anderem aus der ärztlichen Aufklärungspflicht und der Dokumentationspflicht. Der Behandelnde ist verpflichtet, vor einem Eingriff umfassend über Risiken, Alternativen und mögliche Folgen zu informieren. Zudem muss der gesamte Behandlungsverlauf lückenlos dokumentiert werden. Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann dies im Streitfall zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führen.

Nach einem Behandlungsfehler bestehen verschiedene zivilrechtliche Ansprüche. Dazu zählt insbesondere der Anspruch auf Schmerzensgeld, der bei einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch fehlerhafte ärztliche Maßnahmen geltend gemacht werden kann. Zusätzlich können Schadensersatzforderungen bestehen, etwa bei Verdienstausfall oder dem Bedarf an Heil- und Hilfsmitteln. Auch die Übernahme von Pflegekosten kann verlangt werden, wenn der Geschädigte infolge des Fehlers auf dauerhafte Unterstützung angewiesen ist.

Um diese Ansprüche effektiv durchzusetzen, hilft ein Anwalt für Schmerzensgeld dabei, die Sach- und Rechtslage zu prüfen und gegenüber der Gegenseite rechtlich fundiert aufzutreten. Die anwaltliche Unterstützung kann insbesondere bei der Beweissicherung, der Berechnung der Ansprüche und bei außergerichtlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzungen entscheidend sein.

Rolle des Anwalts bei der Geltendmachung von Schmerzensgeld

Zu Beginn eines möglichen Schmerzensgeldanspruchs steht die juristische Ersteinschätzung. Ein Anwalt prüft, ob auf Grundlage der vorliegenden Informationen eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Dabei wird analysiert, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem und dem erlittenen Gesundheitsschaden besteht. Auch die Verjährungsfristen und die Beweislage werden berücksichtigt. Diese erste Einschätzung dient als Grundlage für die Entscheidung, ob ein außergerichtliches Vorgehen oder eine Klage angestrebt werden sollte.

Ein zentrales Element in der Anspruchsdurchsetzung ist die Einholung medizinischer Gutachten. Der Anwalt sorgt dafür, dass qualifizierte Sachverständige hinzugezogen werden, um den vermuteten Behandlungsfehler medizinisch bewerten zu lassen. Parallel dazu übernimmt er die Sicherung aller relevanten Beweise, insbesondere Behandlungsunterlagen, ärztliche Dokumentationen und Zeugenaussagen. Die sachgerechte Beweissicherung ist entscheidend, da die Darlegungs- und Beweislast in der Regel beim Geschädigten liegt und nur unter bestimmten Voraussetzungen zu Lasten des medizinischen Personals umkehren kann.

Typische Vorgehensweise im Schadensersatzverfahren

Die außergerichtliche Einigung stellt häufig den ersten Schritt dar, wenn ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Behandlungsfehler geltend gemacht wird. Ziel ist es, eine Einigung mit dem behandelnden Arzt oder dessen Haftpflichtversicherung ohne gerichtliche Auseinandersetzung zu erreichen. Dazu wird in der Regel eine schriftliche Anspruchsmitteilung übermittelt, die den Vorwurf des Behandlungsfehlers darlegt und eine konkrete Schmerzensgeldforderung enthält. Die Versicherung prüft den Sachverhalt und entscheidet, ob eine Regulierung erfolgt oder die Ansprüche abgelehnt werden. Ein außergerichtlicher Vergleich kann sowohl zeitliche als auch finanzielle Vorteile bieten und ermöglicht eine konfliktärmere Lösung.

Führt die außergerichtliche Geltendmachung nicht zum gewünschten Ergebnis, bleibt der Klageweg vor einem Zivilgericht. In einem solchen Verfahren liegt die Beweislast grundsätzlich beim Anspruchsteller. Es muss nachgewiesen werden, dass ein Behandlungsfehler vorlag, dieser Fehler ursächlich für den eingetretenen Schaden war und ein kausaler Zusammenhang besteht. In bestimmten Konstellationen kann es jedoch zu einer Beweislastumkehr kommen, etwa bei groben Behandlungsfehlern oder bei dokumentationspflichtwidrigem Verhalten des Arztes. Das gerichtliche Verfahren beginnt mit der Klageerhebung und durchläuft verschiedene Verfahrensschritte, einschließlich der Beweisaufnahme, in der häufig medizinische Sachverständigengutachten eine zentrale Rolle spielen.

Herausforderungen und Besonderheiten bei Arzthaftungsprozessen

Die Beweisführung bei medizinischen Sachverhalten stellt eine der größten Hürden in Arzthaftungsprozessen dar. Medizinische Abläufe sind komplex und für juristische Laien schwer nachvollziehbar. Zudem fehlt dem Anspruchsteller in der Regel der unmittelbare Zugang zu fachlichem Wissen, wodurch eine fundierte Darstellung des behaupteten Fehlers erschwert wird. Entscheidende Informationen befinden sich häufig in der ärztlichen Dokumentation, deren Vollständigkeit und Aussagekraft für den Prozessverlauf maßgeblich sein können. Die Beurteilung durch medizinische Sachverständige ist daher unerlässlich, wobei deren Gutachten nicht selten Interpretationsspielräume lassen und gegensätzliche Einschätzungen hervorrufen.

Eine besondere Rolle spielt die Umkehr der Beweislast, die bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers eintreten kann. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn gegen elementare fachliche Standards in einem Maß verstoßen wurde, das aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint. Wird ein solcher Fehler festgestellt, obliegt es dem beklagten Arzt, zu beweisen, dass der eingetretene Schaden nicht auf diesem Versäumnis beruht. Diese Konstellation verschafft dem Anspruchsteller eine deutlich verbesserte prozessuale Ausgangsposition, bleibt jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt und setzt eine sorgfältige juristische und medizinische Prüfung voraus.

Kosten und Finanzierung anwaltlicher Unterstützung

Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe im Zusammenhang mit einem Behandlungsfehler kann mit Kosten verbunden sein, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) bemessen werden. Dabei richten sich die Gebühren in der Regel nach dem Streitwert, also der Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldes. Für Personen mit geringem Einkommen besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese wird gewährt, wenn die rechtliche Auseinandersetzung hinreichende Erfolgsaussichten bietet und keine anderen Finanzierungsmöglichkeiten bestehen. Je nach wirtschaftlicher Lage kann eine Ratenzahlung auferlegt werden oder die Staatskasse übernimmt die gesamten Kosten.

Eine bestehende Rechtsschutzversicherung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen. Dies ist in der Regel möglich, wenn der Versicherungsschutz auch das private Personenrecht oder Schadenersatzrecht umfasst. Vor einer Mandatserteilung ist es ratsam, eine Deckungszusage bei der Versicherungsgesellschaft einzuholen. Zudem kann in einigen Fällen auch die Haftpflichtversicherung des behandelnden Arztes die Kosten für eine außergerichtliche Einigung oder ein Gerichtsverfahren tragen, sofern die Schuldfrage geklärt ist und ein berechtigter Anspruch besteht. Die Klärung dieser Zuständigkeit erfolgt in der Regel durch den beauftragten Rechtsanwalt.

Fazit: Warum anwaltliche Unterstützung entscheidend ist

Die juristische und medizinische Komplexität von Verfahren rund um Schmerzensgeld nach einem Behandlungsfehler stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Unterschiedliche Fachgebiete greifen ineinander, sodass rechtliche Bewertungen oft auf fundierten medizinischen Einschätzungen beruhen müssen. Ohne vertiefte Kenntnisse in beiden Bereichen kann die Durchsetzung von Ansprüchen erschwert werden. Eine präzise Bewertung des Sachverhalts sowie die Einordnung in geltendes Recht verlangen spezialisierte Expertise.

Die Erfolgsaussichten steigen maßgeblich durch die Einschaltung eines fachkundigen Rechtsbeistands. Eine fundierte rechtliche Strategie, die gezielte Auswahl von Beweismitteln und eine sachgerechte Argumentation im Verfahren tragen wesentlich zur Durchsetzung berechtigter Ansprüche bei. Professionelle Vertretung sorgt für strukturiertes Vorgehen und reduziert das Risiko formaler oder taktischer Fehler, die den Ausgang eines Verfahrens negativ beeinflussen könnten.

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