Hoffnung für Patienten

Ratten mit Epilepsie durch Gentherapie geheilt

D. Lenz

EEG-Aufnahme eines epileptischen Anfalls. )gro.aidepikiwegnaL reD(Foto: © 

Forscher haben mit Hilfe der Gentherapie erstmalig Epilepsie bei Ratten heilen können. Durch die Kopie eines bestimmten Gens, welches die Forscher den Ratten einpflanzten, wurden eine Übererregung der Gehirnzellen und damit die Ursache für einen epileptischen Anfall erfolgreich unterdrückt.

London (England). Ein internationales Team aus Forschern und Wissenschaftlern ist es erstmals gelungen Ratten von Epilepsie zu heilen. Ermöglicht wurde dieser medizinischer Fortschritt durch die Gentherapie. Die Forscher schleusten mit einem Ionenkanal eine Kopie eines Gens in das Gehirn der Ratte. Diese Behandlung hat die epileptischen Anfälle über mehrere Wochen hinweg gestoppt, wie die Forscher im Fachmagazin Science Translational Medicine berichten. Nebenwirkungen der gentherapeutische Behandlung konnten, nach Aussagen der Forscher, bislang noch nicht festgestellt werden.

Die Behandlung wirkt nicht nur bei Ratten, welche bereits an Epilepsie erkrankt sind, sondern auch prophylaktisch. Da Epilepsie auch nach Hirnverletzungen auftreten kann, könnte die neue Behandlungsmethode helfen, diese im Vorfeld zu unterdrücken. Neue Untersuchungen sollen zeigen, ob die Gentherapie auch beim Menschen funktioniert. Die Forscher hoffen, dass dann auch den Menschen geholfen werden kann, deren Epilepsie bisher nicht behandelbar war.

Robert Wykes vom University College London erklärt, dass weltweit rund 50 Millionen Menschen an Epilepsie leiden. Nach Abzug erfolgreicher Behandlungen durch Medikamente bleiben aber noch ca. zehn Millionen Menschen, die weiterhin unter Krampfanfällen leiden müssen.

Epileptische Anfälle entstehen, wenn die Neuronen in einer bestimmten Hirnregion krankhaft überregbar sind. Dies kann durch angeborene Fehlbildungen oder durch nachträglich entstandene Beschädigungen im Gehirn entstehen. Feuern die Neuronen im Übermaß elektrische Signale ab, so löst dies Bewusstseinsstörungen und Muskelkrämpfe aus.

Viele Fälle der Epilepsie lassen sich mit Medikamenten behandeln, sagen die Wissenschaftler. Ebenfalls ist eine chirurgische Entfernung der betroffenen Hirnregion theoretisch möglich, jedoch würden dabei Bereiche des Gehirns beschädigt, welche wichtige Funktionen übernehmen. Die Versuche mit Ratten haben gezeigt, dass es alternative Heilmethoden geben könnte.

Bei dem gentherapeutischen Verfahren setzen die Wissenschaftler an einem bestimmten Kanal in der Membran der Hirnzellen an. Dieser reguliert die Anzahl positiv geladener Kaliumatome innerhalb und außerhalb der Zelle. Im Normalfall sind diese Kalium-Kanäle geöffnet und befördern Kalium-Ionen aus dem Zellinneren heraus. Durch diesen Vorgang erhalten die Nervenzellen im Inneren einen leichten negativen Ladungsüberschuss. Bei Erregungen verschließen sich die Kalium-Kanäle, zeitgleich strömen positiv geladene Natriumionen über andere Kanäle in die Zellen. Dies hat zur Folge, dass sich die Zellen positiv aufladen und ein elektrischer Impuls entsteht - die Nervenzellen geben dann unkontrolliert elektrische Signale ab.

In der Studie schleusten die Forscher zahlreiche Kopien des genetischen Bauplans für die Kalium-Kanäle direkt in den Epilepsieherd des Rattengehirns. Dadurch bildeten die betroffenen Hirnzellen vermehrt Kalium-Kanäle, welche vermehrt Kaliumionen aus den Zellen beförderten. "Dies erhöhte die Schwelle für das Feuern der Nervenzellen, die Neuronen benötigten nun eine stärkere Ladungsveränderung, um zu reagieren", beschreiben die Forscher.

Die neue Form der Epilepsie-Behandlung wurde bisher nur bei einer bestimmten Art der Epilepsieherde untersucht. Die gewonnenen Daten deuten jedoch darauf hin, dass sich mit Hilfe der Gentherapie auch andere Epilepsievarianten heilen lassen. Zudem haben die Forscher festgestellt, dass die Gentherapie zusätzlich auf einer zweiten Ebene wirkt: Untersuchungen von Zellkulturen haben gezeigt, dass die Freisetzung erregender Botenstoffe durch Nervenzellen gehemmt wurde. "Dieser doppelte Effekt unterdrücke die Anfälle noch effektiver", so die Forscher.

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