Robert Klatt
Ein neuer Roboter kann mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) ohne menschliche Hilfe Gallenblasen operativ entfernen und auf eventuelle Komplikationen reagieren. Das Training der KI lief ähnlich ab wie bei einem jungen Arzt.
Baltimore (U.S.A.). Forscher der Johns Hopkins University (JHU) arbeiten seit Langem am Smart Tissue Autonomous Robot (STAR). Der Medizinroboter hat 2022 erstmals eine laparoskopische Operation an einem lebenden Schwein durchgeführt. Dabei hat der Roboter in einer kontrollierten Umgebung einen vorgegebenen Operationsplan verfolgt. Die minimalinvasive Operation verlief präzise, der Roboter hätte aber bei eventuellen Problemen nicht von seiner geplanten Vorgehensweise abweichen können.
Nun haben die Wissenschaftler der Johns Hopkins University (JHU) mit dem Surgical Robot Transformer-Hierarchy (SRT-H) ein deutliches Update zum Star vorgestellt. Der neue Medizinroboter verfügt über eine Künstliche Intelligenz (KI) und kann sich dadurch bei Operationen an die jeweilige Situation anpassen, etwa wenn er bestimmte anatomische Merkmale erkennt oder Komplikationen auftreten.
Laut der Publikation im Fachmagazin Science Robotics wurde die KI des Roboters zunächst mit Videos von Operationen trainiert, die zuvor Chirurgen an 34 Schweineleichen durchgeführt haben. Um möglichst präzise Aufnahmen zu erhalten, haben die Chirurgen dabei Kameras an ihren Handgelenken getragen. Anhand des Videomaterials hat die KI das Führen einer Nadel, das Anheben von Gewebe und das Nähen erlernt.
Danach hat die KI mithilfe von Sprachbefehlen von menschlichen Chirurgen erlernt, wie eine Gallenblase chirurgisch entfernt wird. Es handelt sich dabei um einen komplexen Prozess mit 17 Unteraufgaben. Der Roboter erlernte also, wie er den Gallenblasengang erkennt und Gewebeteile abtrennt. Die Rückmeldung der Chirurgen hat dazu geführt, dass die Operationen an den lebensechten Modellen immer genauer wurden und final eine hundertprozentige Genauigkeit erreicht haben.
Die Forscher haben anschließend den Roboter unter verschiedenen Bedingungen erprobt. Die Modelle aus einer Gallenblase und dem umliegenden Gewebe waren dabei, wie bei realen Menschen, nicht einheitlich. Zudem wurden in das Modell blutähnliche Farbstoffe gegeben, die Notfälle, die einer Operation auftreten können, simuliert haben. Der Medizinroboter hat dank seiner KI unter allen Bedingungen die Operation präzise durchgeführt und Fehler autonom, ohne Hilfe eines menschlichen Chirurgen, korrigiert. Die Ergebnisse lagen auf dem Niveau eines erfahrenen Chirurgen.
„Dies zeigt, dass Roboter grundsätzlich komplexe chirurgische Eingriffe selbstständig durchführen können.“
Laut den Entwicklern des Roboters zeigen diese Ergebnisse, dass solche Systeme ähnlich trainiert werden können wie junge Ärzte, also durch Vormachen und Nachahmung.
„Dieser Fortschritt führt uns von Robotern, die spezifische chirurgische Aufgaben ausführen können, zu Robotern, die chirurgische Eingriffe wirklich verstehen. Dies ist ein entscheidender Unterschied, der uns klinisch tragfähigen autonomen chirurgischen Systemen, die in der chaotischen, unvorhersehbaren Realität der tatsächlichen Patientenversorgung funktionieren können, deutlich näher bringt.“
In Zukunft können laut den Wissenschaftlern autonome Roboter in Krankenhäusern arbeiten und dadurch den in vielen Ländern bestehenden Ärztemangel reduzieren.
„Unsere Arbeit zeigt, dass KI-Modelle zuverlässig genug gemacht werden können, um chirurgische Autonomie zu ermöglichen – etwas, das einst weit entfernt schien, jetzt aber nachweislich praktikabel ist.“
Science Robotics, doi: 10.1126/scirobotics.adt5254