Hörveränderungen

Covid-19 verursacht Tinnitus und Schwerhörigkeit

Robert Klatt

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Eine Metastudie zeigt, dass Tinnitus, Schwerhörigkeit und Drehschwindel bei Covid-19-Patienten vermehrt auftreten.

Manchester (England). Es ist bekannt, dass sich einige Virusinfektionen, darunter Masern, Hirnhautentzündungen und Mumps, auch auf das Gehör auswirken können. Wissenschaftler der Universität Manchester haben nun anhand einer Metastudie erstmals systematisch untersucht, ob Covid-19 neben den bereits bekannten Symptomen ebenfalls das Gehör beeinträchtigen kann.

„In den letzten Monaten habe ich unzählige E-Mails von Menschen erhalten, die über Veränderungen ihres Hörens oder Tinnitus nach Covid-19 berichteten. Es gibt daher eine dringende Notwendigkeit, die Langzeiteffekte von Covid-19 auf das auditorische System genauer zu untersuchen“, erklärt Kevin Munro.

Tinnitus, Hörstörungen und Schwindel

Laut ihrer Publikation im Journal of Audiology analysierten die Wissenschaftler dazu 56 Studien, deren Gesundheitsdaten von Covid-19-Patienten auch Informationen Hörstörungen, Tinnitus und Innenohr-bedingtem Schwindel enthielten. Sie konnten dabei feststellen, dass Covid-19 tatsächlich zu einem erhöhten Auftreten von Hörstörungen führt. Betroffen sind davon sowohl Patienten mit schweren als auch mit milden Krankheitsverläufen

14,8 Prozent der Covid-19-Patienten gaben an unter einem neuen Tinnitus zu leiden oder dass ihr bereits zuvor vorhandener Tinnitus schlimmer wurde. Bei 7,6 Prozent der Patienten kam es zu einer Verschlechterung des Hörvermögens. Diese kam meist plötzlich und betraf beide Ohren. In wenigen Fällen entwickelte sich die Schwerhörigkeit aber auch schleichend oder betraf nur ein Ohr. Überdies kam es bei 7,2 Prozent der Patienten zu Drehschwindel, durch Funktionsstörungen im Innenohr.

Hörveränderungen durch Covid-19

Ob Covid-19 die Hörveränderungen direkt oder indirekt auslöst, kann die Studie nicht beantworten. Als möglichen Mechanismus vermuten die Wissenschaftler, eine durch SARS-CoV-2 ausgelöste Entzündung am Hörnerv oder im Innenohr. Denkbar ist aber auch, dass die Reaktion des Immunsystems zu einer Entzündung im Hörsystem führt oder dass das Gewebe im Ohr durch eine Autoimmunreaktion angegriffen wird.

Außerdem halten die Autoren eine Durchblutungsstörung des Ohrs bei Covid-19-Patienten für wahrscheinlich. „Die Cochlea und die Hörkanäle haben keine zusätzliche, alternative Blutversorgung, daher sind sie größtenteils anfällig gegenüber einer Durchblutungsstörung“, erklärt Munro. Für diese These spricht auch, dass SARS-CoV-2 die Blutgerinnung beeinflussen und Thrombosen auslösen kann.

Dünne Datenbasis zu Hörveränderungen bei Covid-19

Weitere Studien sollen nun untersuchen, welche Prozesse bei Covid-19 zu Hörstörungen führen. „Trotz der alarmierenden Zahlen müssen wir berücksichtigen, dass es bislang unklar ist, ob diese Hörveränderungen direkt auf Covid-19 zurückgehen oder aber auf andere Faktoren wie die Behandlung oder das Immunsystem“, erklärt Munro. „Die Belege sind zwar von unterschiedlicher Qualität, aber mehr und mehr Studien kommen hinzu, sodass die Datenbasis wächst. Was wir jetzt wirklich brauchen sind Studien, die Covid-19-Fälle systematisch mit Kontrollpersonen vergleichen“, sagt Ibrahim Almufarrij.

Journal of Audiology, doi: 10.1080/14992027.2021.1896793

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