Robert Klatt
In vielen Ländern werden noch immer regelmäßige Auffrischungsimpfungen empfohlen. Eine neue Analyse zeigt nun, dass diese überflüssig sind, wenn eine Grundimmunisierung im Kindesalter erfolgt.
Beaverton (U.S.A.). Studien der Oregon Health & Science University (OHSU) haben vor mehreren Jahren gezeigt, dass die kombinierte Impfung gegen Tetanus und Diphtherie mindestens 30 Jahre lang Immunität bietet. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen in den U.S.A. trotzdem alle zehn Jahre eine Boosterimpfung, die meistens mit dem Kombinationsimpfstoff DTaP erfolgt.
Nun haben Forscher der OHSU eine neue Studie publiziert, laut der die Auffrischungsimpfungen gegen Tetanus und Diphtherie für Erwachsene ohne erhöhtes Krankheitsrisiko abgeschafft werden können, wenn die Impfquoten im Kindesalter weiterhin auf hohem Niveau bleiben. Boosterimpfungen sind laut der Studie nur in Einzelfällen nötig, etwa nach Arbeits- oder Verkehrsunfällen, bei denen eine Tetanusgefahr besteht. Das Gesundheitssystem könnte dadurch rund eine Milliarde US-Dollar jährlich einsparen.
„Indem wir eine hohe Impfquote bei Kindern aufrechterhalten, schützen wir nicht nur die Jüngsten, sondern könnten auch die Auffrischungen für Erwachsene reduzieren. Damit ließen sich in den USA jährlich eine Milliarde Dollar einsparen, ohne die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung zu gefährden.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Clinical Microbiology Reviews basiert die Studie auf Daten aus Frankreich und Großbritannien, also zwei Ländern mit ähnlich hohen Impfquoten bei Kindern wie den U.S.A. Frankreich empfiehlt Erwachsenen bis heute regelmäßige Auffrischungsimpfungen, während Großbritannien diese nur noch bei Schwangerschaften oder Verletzungen empfiehlt und ansonsten keine Booster gegen Tetanus und Diphtherie nach dem 14. Lebensjahr mehr vorsieht.
„Das ist im Grunde ein natürliches Experiment. Wir haben ein Land mit mehr als 60 Millionen Einwohnern, das Erwachsene über Jahrzehnte hinweg regelmäßig impft und ein Nachbarland mit ebenfalls über 60 Millionen Menschen, das seit rund 50 Jahren keine Auffrischungen mehr empfiehlt.“
Die Wissenschaftler haben die Daten der beiden Länder verwendet, um zu untersuchen, was passiert, wenn Erwachsene nicht geimpft werden. Sie konnten so ermitteln, ob dadurch mehr Tetanus- und Diphtheriefälle auftreten, oder ob die Grundimmunisierung aus der Kindheit einen ausreichenden Infektionsschutz bietet.
Die umfassenden Daten, dass es in Frankreich trotz der jahrzehntelangen Auffrischungsimpfungen nicht zu weniger Tetanus- und Diphtheriefällen kommt als in Großbritannien. Selbst 2022, als dort 73 eingeschleppte Diphtheriefälle unter Asylsuchenden gemeldet wurden, fast so viele wie in den gesamten 20 Jahren zuvor zusammen, hat die durch die Grundimmunisierung im Kindesalter erreichte Herdenimmunität weitere Infektionen verhindert.
„Bemerkenswerterweise gab es trotz dieser im Verhältnis großen Zahl von eingeschleppten Diphtheriefällen keinerlei Hinweise auf Übertragungen unter anderen Asylsuchenden oder bei Mitarbeitern und medizinischem Personal.“
Die Studie zeigt somit, dass der Schutz nach einer Grundimmunisierung im Kindesalter ausreichend ist, um Krankheiten, die früher fast immer tödlich waren, zu verhindern. Die Auffrischungsimpfungen im Erwachsenenalter sind hingegen nicht erforderlich und bieten keinen zusätzlichen Schutz.
Clinical Microbiology Reviews, doi: 10.1128/cmr.00031-25