Spalten von Schadstoffen

Chemiker erzeugen hochreaktive Lewis-Supersäuren

Robert Klatt

Hochreaktive Lewis-Supersäuren )ed.nrobredap-inugniröK aruaL(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Lewis-Supersäuren können selbst starke Bindungen lösen. Die Herstellung der hochreaktiven Säuren ist aber problematisch.
  • Chemiker der Universität Paderborn haben nun eine neue Gruppe der Säuren mit einer elektrochemischen Methode produziert
  • Die neuen Lewis-Supersäuren können besonders stabile Kohlenstoff-Fluor oder Schwefel-Fluor-Bindungen spalten und damit klimaschädliche Gase wie Schwefelhexafluorid in verwertbare Chemikalien umwandeln

Eine neue Gruppe hochreaktiver Lewis-Supersäuren kann selbst starke chemische Bindungen zerstören. In Zukunft könnte die Säure dabei helfen, aus organischen Schadstoffen nutzbare Chemierohstoffe zu machen.

Paderborn (Deutschland). Wenn Atome einen Teil ihrer Außenelektronen an einen Bindungspartner abgeben oder mit ihm teilen, entstehen chemische Bindungen. Die Festigkeit der chemischen Bindungen bestimmt die Stabilität eines Moleküls und ist entscheidet damit unter anderem darüber, wie schnell dieses in der Umwelt abgebaut wird. Zudem erschweren zu starke Bindungen in der Chemie die Synthese neuer Substanzen.

Um die Reaktion zu beschleunigen, verwenden Chemiker bei zu starken Bindungen oft sogenannte Lewis-Säuren. Es handelt sich bei diesen Katalysatoren um hochreaktiven Säuren, die stabile Bindungen aufbrechen können, indem sie anderen Molekülen Elektronenpaare entreißen. Die stärkste Lewis-Säure ist Antimonpentafluorid. Inzwischen kennt die Chemie aber auch einige phosphor- und borhaltige Lewis-Supersäuren, die noch aggressiver sind.

Herstellung von hochreaktiven Lewis-Supersäuren

Wie Jan Paradies von der Universität Paderborn erklärt, benötigt die Chemie sehr reaktive Säuren für die Synthese bestimmter Substanzen.

„Für starke Bindungen benötigt man sehr reaktive Reagenzien, also Stoffe, die extrem bereitwillig reagieren.“

Weil die Lewis-Supersäuren so eine hohe Reaktivität besitzen, können sie aber nur schwer synthetisiert und isoliert werden. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Angewandte Chemie konnten die Forscher von der Universität Paderborn nun eine neue Gruppe hochreaktiver Lewis-Supersäuren mit einer elektrochemischen Methode erzeugen.

„Durch einen Trick haben wir es geschafft, solche Moleküle herzustellen und in katalytischen Reaktionen einzusetzen.“

Lewis-Supersäuren auf Basis von Bor

Die neuen Lewis-Supersäuren basieren auf einem Komplexmolekül aus Bor. Dieses Komplexmolekül bildet in Gegenwart schwacher Silbersalze positiv geladene Kationen mit einer extrem hohen Reaktivität.

„Die geschätzten Fluorid-Ionen-Affinitäten sind um 240 und 209 Kilojoule pro Mol größer als die von Antimonpentafluorid. Damit können diese Borane als Lewis-Supersäuren klassifiziert werden.“

Die neuen Lewis-Supersäuren haben eine so hohe Reaktionsfreudigkeit, dass sie auch besonders stabile Kohlenstoff-Fluor oder Schwefel-Fluor-Bindungen spalten können. Sie eignen sich also zum Knacken von fluorhaltige Kohlenwasserstoffen, also Schadstoffen, die in der Natur kaum abgebaut werden. Zudem können die neuen Lewis-Supersäuren klimaschädliche Gase wie Schwefelhexafluorid in verwertbare Chemikalien umwandeln.

Angewandte Chemie, doi: 10.1002/ange.202216959

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