Impfstoffe

Biosynthetische Squalen-Herstellung könnte zahllose Haie retten

Robert Klatt

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Squalen ist zur Herstellung vieler Impfmittel nötig, wird aber fast ausschließlich aus Haien gewonnen. Wissenschaftler haben die Substanz nun erstmals im Labor erzeugt.

Graz (Österreich). Squalen (C30H50) eine organische, ungesättigte Verbindung aus der Gruppe der Kohlenwasserstoffe und der Triterpene ist ein wichtiger Bestandteil vieler Impfmittel. In Zukunft könnte der Impfstoff-Wirkverstärker auch zur Herstellung von Vakzinen gegen SARS-CoV-2 verwendet werden. Die ölige Flüssigkeit Squalen kommt in fast allen höheren Organismen vor, darunter auch Pflanzen wie Zuckerrohr und Amaranth. Als Hauptquelle dienen aber bis heute Haie, deren Leber die begehrte Substanz in besonders hoher Konzentration liefert.

Aktuell werden laut Schätzungen von Umweltbehörden und Tierschutzorganisationen bereits etwa drei Millionen Haie pro Jahr zur Gewinnung von Squalen für die Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsergänzungsmittelindustrie getötet. Sollte das Öl auch zur Produktion von SARS-CoV-2-Impfstoffen eingesetzt werden, könnten laut Organisationen wie Shark Allies zusätzlich 500.000 Haie benötigt werden. Die NGO appelliert deshalb an die Wissenschaft Alternativen zu finden, die ohne das Töten von Haien Squalen liefern können.

Pflanzliches Squalen zu teuer

Prinzipiell könnte die Substanz auch aus Pflanzen gewonnen werden. Die Industrie lehnt diese Möglichkeit aufgrund der höheren Kosten jedoch ab. Wissenschaftler der Medizinische Universität Graz haben errechnet, dass pflanzliches Squalen rund 30 Prozent teurer als tierisches Squalen ist.

Eine weitere Möglichkeit hat nun das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) vorgestellt. Statt pflanzliches Squalen oder tierisches Squalen aus der Leber von Tiefseehaien zu nutzen, haben die österreichischen Wissenschaftler Substanz biosynthetisch in der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) erzeugt. Dazu wurde in der Hefe der Duftstoff Ambrein erzeugt. Laut Harald Pichler vom acib „ist Squalen ein Zwischenprodukt, das im Rahmen der Sterolbiosynthese anfällt.“

Industrielle Anwendung möglich?

Anschließend verbesserten die Wissenschaftler den Prozess. Wie Pichler erklärt „konnte das Team, nachdem der Hefestamm bereits dieses Lipid produziert durch Metabolic Engineering bestimmte Stoffwechselwege so modulieren, dass die Hefezellen plötzlich ein Vielfaches an Squalen anreichern.“ In Experimenten konnten so bereits mehrere Gramm an reinem Squalen hergestellt werden. Dies belegt laut Pichler, dass „der Prozess im Labormaßstab funktioniert.“

Nun wollen die Wissenschaftler die Stämme so optimieren, dass auch im industriellen Maßstab Squalen erzeugt werden kann. Potenziell könnte die neue Herstellungsmethode somit Millionen von Haien das Leben retten. Derzeit werden pro Tonne Squalen noch rund 3.000 Haie getötet. Außerdem liefern die Mikroorganismen laut den Wissenschaftlern eine gleichbleibende Qualität. Die künstliche Herstellung von Squalen kann also nicht nur die Umwelt und die Haie schonen, sondern auch der Industrie nützen.

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