Insekten

Warum manche Menschen von Wespen regelrecht verfolgt werden

 Dennis L.

(KI Symbolbild). Nahaufnahme einer Deutschen Wespe auf einer reifen Traube, die den Duft flüchtiger Ester aufnimmt. Die Szene zeigt, wie Wespen Duftsignale aus der Umgebung für die Nahrungssuche nutzen. Die Bildkomposition verdeutlicht die Rolle spezifischer Moleküle bei Wespen. )IKnessiW dnu gnuhcsroF(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Duftstoffe steuern Orientierung, Nahrungssuche und Verteidigung
  • Komplexe Duftmuster steuern das Verhalten von Wespen

Duftmischungen aus fruchtigen Estern und kurzzeitigen Alkoholen lenken die Orientierung sozialer Insekten in der Nähe von Picknick, Garten oder Balkon, weshalb manche Menschen das Anfliegen von Wespen als gezieltes Verfolgen wahrnehmen. Aktuelle Experimente zeigen, dass bestimmte Gerüche die Nahrungssuche erleichtern, während andere Signale Abwehrverhalten auslösen, was die widersprüchliche Alltagserfahrung erklärt. Die Empfindlichkeit für Duftsignale ist hoch, da Geruchsrezeptoren viele flüchtige Moleküle parallel auswerten, wodurch kleinste Konzentrationsunterschiede reichen. Gleichzeitig können Alarmstoffe aus dem Gift bei Nestnähe schlagartig Aggressionen verstärken, wenn sie in die Luft gelangen. So entsteht aus alltäglichen Gerüchen, süßen Speisen und situativen Faktoren ein komplexes Muster, das steuert, wann Wespen näherkommen oder abrupt angreifen.

Die Biologie des Geruchsinns erklärt, warum Insekten Umweltspuren so effektiv nutzen. Gerüche sind Gemische aus vielen flüchtigen Verbindungen, die unterschiedlich schnell verdampfen, mit Luftströmungen wandern und an Oberflächen haften. Ein Tier, das in der Luft ein wiedererkennbares Bouquet identifiziert, kann diesem Profil entgegen der Windrichtung folgen, bis sich das Signal verdichtet und eine Quelle erreichbar wird. Wesentliche Bausteine solcher Bouquets sind Ester, Alkohole, Ketone und organische Säuren, die von Früchten, zuckerhaltigen Getränken und fermentierenden Resten freigesetzt werden. Geruchsrezeptoren in Fühlern reagieren auf diese Stoffgruppen mit spezifischen Aktivierungsmustern, die das Nervensystem zu Geruchskarten zusammensetzt. In belebten Außenräumen entstehen dadurch Korridore, in denen Duftsignale kanalisiert werden. Der Eindruck, dass Insekten den Blick auf einzelne Personen richten, entsteht häufig genau dann, wenn eine Person zufällig in einem solchen Korridor steht und die Geruchsfahne den kürzesten Weg durch ihr Umfeld nimmt.

Bei sozialen Faltenwespen kommen weitere Faktoren hinzu. Nahrungsreize und Warnsignale konkurrieren um Aufmerksamkeit, wodurch dieselben Tiere mal völlig friedlich erscheinen und kurz darauf in Verteidigungsmodus wechseln. In der Nahrungssuche spielt das Erkennen energiereicher Ressourcen die zentrale Rolle. Süße Getränke, Obst oder Grillgut senden flüchtige Profile, die sich mit bekannten Mustern decken. Gleichzeitig bleibt der Kontext entscheidend. In Nestnähe kann jede Erschütterung, unruhige Bewegung oder der Geruch verletzter Koloniemitglieder das Verteidigungsnetz triggern. In dieser Phase dominieren Signale, die Zusammenhalt und Abwehr koordinieren. Für Außenstehende wirkt das wie das gezielte Verfolgen einer bestimmten Person. Tatsächlich bewertet die Kolonie in Sekunden, ob es sich um eine lohnende Futterquelle handelt oder ob ein Bedrohungsreiz vorliegt. Beides läuft über dieselben Sinneskanäle, führt jedoch zu gegensätzlichen Verhaltensprogrammen.

Düfte bestimmen, wohin Wespen fliegen

Im Freiland lassen sich Duftsignale präzise testen. Mehrere Studien zeigen, dass Gemische aus Essigsäure und Isobutanol gelbgesichtige Faltenwespen zuverlässig anziehen. Das ist für die Praxis relevant, da solche Kombinationen in Lockstofffallen eingesetzt werden. Die Komponenten spiegeln typische Profile von fermentierenden Säften und zuckerreichen Speiseresten wider. Je nach Temperatur und Wind bilden sich Geruchsfahnen, denen die Tiere entgegenfliegen, sobald die Konzentration oberhalb einer Ansprechschwelle liegt. In Anwendungen wird das Gemisch oft als definierte Lösung dosiert, damit die Abgabe stabil bleibt. Die hohe Wirksamkeit lässt sich damit erklären, dass die Summenwahrnehmung vieler Rezeptoren zu einem robusten Erkennungsmuster verschmilzt. Parallel erkennen die Tiere visuelle Hinweise, doch der erste Ausschlag kommt häufig aus dem Geruchskanal, der sie in die Nähe der Quelle führt.

Für Gelbjacken wurden darüber hinaus synthetische Ester als starke Reize beschrieben. Dazu zählt Heptylbutyrat, ein Molekül mit fruchtig-wachsigem Geruch, das in Versuchen besonders viele Arbeiterinnen an Fallen führte. Die Wirksamkeit solcher Verbindungen unterstreicht den Stellenwert chemischer Information in der Nahrungssuche. In der Literatur wird explizit eine Kombination aus Essigsäure und Isobutanol als besonders attraktiv ausgewiesen, siehe Essigsäure und Isobutanol, was die Praxis der standardisierten Lockmischungen erklärt. Für das Verständnis im Alltag genügt die Faustregel, dass reife Früchte, Limonaden und Speisereste chemisch ähnliche Signale erzeugen. Damit wird auch klar, warum eine geöffnete Saftflasche oder klebrige Hände aus kurzer Distanz so magnetisch wirken.

Ein vertiefender Überblick zur Rolle von Geruch bei Insekten liefert der Themenbereich auf forschung-und-wissen, etwa als Einstieg über Hintergrundwissen zu Wespen, wo physiologische Grundlagen der Wahrnehmung und typische Lebensräume erläutert werden. Der Zusammenhang zwischen Duftsignalen und Nahrungssuche steht dabei exemplarisch für den Informationsfluss in sozialen Insekten. Gerade weil mehrere Sensorikkanäle parallel arbeiten, erscheinen manche Reaktionen sprunghaft. Ein minimaler Anstieg fruchtiger Ester kann den Ausschlag geben, eine Geruchsfahne bis zur Quelle zu verfolgen. Auf diese Weise entstehen Situationen, in denen Menschen sich als Ziel wahrnehmen, obwohl sie nur zufällig die stärkste Signalspur darstellen. Verhalten lässt sich daher durch kontrollierte Reizreduktion rasch beeinflussen, etwa durch das Abdecken offener Getränke und das Entfernen klebriger Rückstände.

Wann Alarmstoffe aus friedlichen Sammlern Verteidiger machen

Neben Futterreizen existiert ein zweites, sehr wirksames chemisches Programm. Bei Verletzungen oder Nestgefahr gelangen alarmierende Stoffe in die Luft. Sie erhöhen die Erregung und lenken Arbeiterinnen an den Ort des Geschehens. In Gelbjacken wurde ein spezifisches Amid identifiziert, das in Labor- und Feldtests das Zusammenziehen von Arbeiterinnen auslöste. Diese Signale stammen aus der Giftblase und verbreiten sich schnell, sodass innerhalb von Sekunden mehr Individuen eintreffen. Der Übergang von der Nahrungssuche zur Verteidigung erklärt, warum dieselbe Umgebung plötzlich riskant wirken kann. Werden mehrere Reize kombiniert, zum Beispiel starke Bewegungen und spürbare Vibrationen, steigt die Einsatzbereitschaft zusätzlich. Das führt zu Attacken, die aus kurzer Distanz wie zielgerichtetes Verfolgen aussehen, in Wahrheit jedoch einer kollektiv gesteuerten Abwehrdynamik folgen.

Für die östliche Gelbgesichtige Faltenwespe wurde N-3-methylbutylacetamid als zentrales Alarmpheromon beschrieben. Der Nachweis erfolgte über Extrakte der Giftblase und standardisierte Bioassays mit definierten Mengen auf Trägermaterial. In dieser Arbeit zeigte das Molekül reproduzierbar eine Anlockung und Aufregung von Arbeiterinnen, die auf Verteidigung hindeutet, siehe N-3-methylbutylacetamid als Alarmpheromon. Für den Alltag bedeutet das, dass in Nestnähe schon kleine Mengen solcher Substanzen ausreichen, um das Verhalten der Kolonie zu ändern. Das Risiko steigt, wenn mechanische Reize hinzukommen. Entsprechend raten Feldbiologen dazu, nicht auf Nestöffnungen zuzuschreiten und keine ruckartigen Gesten auszuführen, da beides die Wahrnehmungsschwelle für Abwehrverhalten senkt. Diese Logik erklärt auch, warum einige Begegnungen harmlos verlaufen und andere in Sekunden eskalieren.

Warum manche Menschen häufiger Ziel werden

Mehrere alltagsnahe Faktoren bündeln Duftsignale in der Umgebung einer Person. Zuckerhaltige Getränke bilden mit Luftfeuchte flüchtige Mischungen, die direkt vor Mund und Händen konzentrierter sind. Parfums mit fruchtigen Estern ähneln in ihrer Chemie Nahrungsreizen, weshalb sie in kurzer Distanz die Aufmerksamkeit verstärken. Schweiß kann je nach Zusammensetzung die Wahrnehmung beeinflussen, allerdings dominiert in typischen Spätsommer-Situationen der Geruch von Speisen und Getränken. Für die Tiere zählt, welches Bouquet den stärkeren Ausschlag gibt. Daher wird die Nahrungssuche im Umkreis einer Picknickdecke oft so interpretiert, als würden die Tiere einzelne Personen auswählen. Tatsächlich folgen sie physikalisch der jeweils dichtesten Fahne. Entfernt man Reste, neutralisiert man Hände und stellt Getränke abseits, sinkt die Signalstärke und die Tiere verlieren das Ziel.

Auch die räumliche Struktur spielt mit. Windschatten an Hauswänden oder zwischen Hecken bilden Kanäle, in denen Duftsignale weiter reichen. Dort genügt eine kurze Präsenz, um in den Geruchskorridor zu geraten. Wer dann mit unruhigen Gesten reagiert, erzeugt zusätzliche Luftbewegung, die Gerüche verwirbelt und kurzfristig sogar verstärken kann. Eine ruhige Körperhaltung verringert diese Effekte. Heptylbutyrat und ähnliche Ester werden in der Forschung als Modellstoffe genutzt, um diese Mechanismen sichtbar zu machen. Der Alltag muss nicht den reinen Laborbedingungen entsprechen, aber die zugrunde liegende Chemie ist gleich. Für eine sachliche Einordnung gilt deshalb: Die Kombination aus Duftsignalen, Position zur Windrichtung und situativer Nähe zur Kolonie bestimmt das Verhalten. So erklärt sich, warum manche Menschen das wiederholt erleben, während andere am selben Ort unbehelligt bleiben.

Environmental Entomology, Chemical attractants for trapping yellowjackets Vespula germanica and Vespula pensylvanica; doi:10.1093/ee/27.5.1229
The Florida Entomologist, Pheromonal Mediation of Alarm in the Eastern Yellowjacket Hymenoptera Vespidae; doi:10.2307/3495673

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