Evolution

Viele Tiere machen sich Gene aus Bakterien zunutze

D. Lenz

Die amerikanische Hirschzecke, ein Überträger der Lyme-Borreliose, verfügt über ein ursprünglich bakterielles Toxin-Gen. )notgnihsaW fo ytisrevinUiksniP ttaM(Foto: © 

Bakterielle Toxine dienen eigentlich dazu, andere Bakterien abzutöten, doch anscheinend haben sich Tiere diese Gifte zunutze gemacht. Ein Team von Forschern hat im Erbgut von gewöhnlichen Zecken, ein Toxin-Gen bakteriellen Ursprungs gefunden. Offensichtlich sorgt dieser Gen-Transfer dafür, dass sich die Borreliose bei infizierten Tieren nicht kritisch ausbreitet. Bisher wurden solche Fälle von Gen-Transfers nur selten dokumentiert.

Seattle (U.S.A.). Eine Gruppe von Forschern um Joseph D. Mougous vom Lehrstuhl für Mikrobiologie an der University of Washington hat neue Erkenntnisse zum horizontalen Gen-Transfer gewonnen. In insgesamt sechs Fällen konnten im Erbgut von Tieren bakterielle Toxine und somit eine Übertragung der Gene nachgewiesen werden. Besonders interessant war dabei der Nachweis von Toxin-Genen bei Zecken.

Die Tiere haben sich offensichtlich bakterielle Toxine zunutze gemacht, um den eigenen Organismus vor Borreliose zu schützen. Im Fachjournal Nature erklären die US-amerikanischen Mikrobiologen, wie dieser Gen-Transfer funktioniert.

Für Menschen sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung

Borreliose ist ein bakterieller Infekt des Bakteriums borrelia burgdorferi, benannt nach Willy Burgdorfer, der es 1982 erstmals isolierte. Die Krankheit wird fast ausschließlich durch Zecken übertragen und bis heute gibt es kein Impfmittel. Bei den Überträgern scheinen sich die Borrelien jedoch nicht auszubreiten, was wohl an den besagten Toxin-Genen liegt. Um sich zu versichern, dass die Borreliose-Kontrolle am Gen-Transfer liegt, züchteten die Wissenschaftler genetisch veränderte Zecken, die ohne Toxin-Gene auskommen mussten. Und tatsächlich: Bei den manipulierten Zecken zeigte sich eine signifikant größere Ausbreitung der Borrelien.

In Deutschland sind in manchen Gebieten bis zu 35 Prozent der Zecken mit Borreliose infiziert – auf den ersten Blick eine beunruhigende Statistik. Durch die Toxin-Gene im Zecken-Erbgut werden aber nicht nur die Tiere selbst geschützt. Auch für Menschen hat der Gen-Transfer einen positiven Effekt, da die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erheblich sinkt. Die Forscher werden hinsichtlich der Rolle der Toxine bei der Borreliose-Übertragung weitere Nachforschungen anstellen.

Weitere Gen-Transfers bei anderen Tieren?

Aufgrund der Beobachtungen bei Zecken halten Joseph Mougous und sein Team eine Übertragung von bakteriellen Genen auf Tiere für wahrscheinlicher als bisher angenommen. Sie werden weitere Untersuchungen in die Wege leiten, die sich explizit mit diesem mikrobiologischen Phänomen auseinandersetzen.

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