Robert Klatt
Bienen finden durch den Klimawandel und die intensive Landwirtschaft immer weniger Nahrung. Forscher haben deshalb mit der Genschere CRISPR-Cas9 einen Hefepilz so modifiziert, dass dieser sechs Sterole produziert, die essenziell für Bienen sind. Das „Superfood“ für Bienen könnte in Zukunft dabei helfen, die sinkenden Populationen der Insekten wieder zu stärken.
Oxford (England). Honigbienen sind entscheidend für die Bestäubung eines Großteils der wichtigsten Nahrungspflanzen. Die Populationen sinken durch Milbenbefall, Viren und Pestizide jedoch kontinuierlich. In den U.S.A. liegen die jährlichen Verluste von Bienenvölkern seit über einem Jahrzehnt bei 40 bis 50 Prozent. In der Biologie rechnet man damit, dass die Verluste 2025 sogar bei bis zu 70 Prozent liegen könnten.
Weitere Ursachen der sinkenden Bienenpopulationen sind der Klimawandel und intensive Landwirtschaft, die die Vielfalt an Blüten reduziert haben. Die Bienen können dadurch weniger Pollen konsumieren, die den Insekten normalerweise bestimmte Lipide liefern, die essenziell für ihre Entwicklung sind. In vielen Regionen nutzen Imker deshalb inzwischen künstliche Pollenersatzstoffe, die aus Eiweißmehlen, Zucker und Ölen bestehen. Diese Ersatznahrung enthält aber nicht alle Lipide.
Forscher der University of Oxford haben deshalb ein künstliches Bienenfutter erschaffen. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature haben sie dazu zunächst mithilfe von Gewebeproben von Puppen und erwachsenen Bienen analysiert, welche Sterole in Pollen für die Bienengesundheit entscheidend sind. Die Sterole 24-Methylencyclosterol, Campesterol, Isofucosterol, β-Sitosterol, Cholesterin und Desmosterol sind demnach essenziell für die Bienenernährung.
Anschließend haben die Forscher mit der Genschere CRISPR-Cas9 den Hefepilz Yarrowia lipolytica so modifiziert, dass dieser die sechs Sterole produziert. Die Hefe gilt in der Wissenschaft als besonders gut geeignet, weil sie viele Liquide enthält und bereits als lebensmitteltauglich eingestuft wurde. Die Hefepilze mit den modifizierten Genen wurden in Bioreaktoren kultiviert, geerntet und anschließend zu einem Pulver verarbeitet.
Um das neue Futtermittel zu erproben, haben die Forscher Bienenvölker über drei Monate in abgeschlossenen Gewächshäusern gehalten. Die Tiere konnten also nur das künstliche Futter konsumieren. Bienenvölker, die das mit sterol-angereicherte Futter erhalten hatten, hatten am Ende des Studienzeitraums bis zu 15-mal mehr Larven ins Puppenstadium gebracht als die Kontrollgruppen.
Zudem hielten die Bienen die Brutpflege auch nach drei Monaten aufrecht, während Völker ohne die wichtigen Sterole ihre Brutproduktion einstellten. Eine Analyse der Larven zeigt, dass ihre Sterol-Zusammensetzung exakt jener von Völkern entspricht, die in der Natur Pollen sammeln. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass Bienen gezielt nur die biologisch wichtigsten Sterole an ihre Nachkommen weitergeben.
„Für Bienen ist der Unterschied zwischen sterol-angereichertem Futter und herkömmlichen Ersatzstoffen vergleichbar mit dem Unterschied für Menschen zwischen ausgewogenen Mahlzeiten und einer Ernährung, der lebenswichtige Nährstoffe wie essenzielle Fettsäuren fehlen. Durch präzise Fermentation können wir Bienen nun ein maßgeschneidertes Futter bieten, das auf molekularer Ebene vollständig ist.“
Laut den Forschern sind die Ergebnisse vielversprechend. Es sind aber noch größere Feldversuche erforderlich, um die Wirksamkeit des neuen Futters zu belegen. Wenn auch diese erfolgreich verlaufen, könnten Landwirte das Futter bereits in zwei Jahren nutzen und damit die lokalen Bienenpopulationen stärken.
„Wir sind auf Honigbienen angewiesen, die ein Drittel unserer Nahrungspflanzen bestäuben. Doch die Tiere stehen unter enormem Stress. Eine bessere Ernährung kann ihre Widerstandskraft erhöhen, besonders in Landschaften, in denen es kaum noch natürliche Blüten gibt. Dieses neue Ergänzungsfutter mit entscheidenden Phytonährstoffen könnte die Bienenzucht revolutionieren.“
Nature, doi: 10.1038/s41586-025-09431-y