Agriarctos nikolovi

Letzter Riesenpanda Europas in Bulgarien entdeckt

Robert Klatt

Riesenpanda Agriarctos nikolovi )iksvonoemiS razileV(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • In den feuchten Sumpfwäldern des heutigen Bulgariens lebten vor sechs Millionen Jahren die letzten Riesenpandas Europas
  • Die Art Agriarctos nikolovi ernährte sich von den Blättern der dort wachsenden Bäume und fraß keinen Bambus
  • Ausgestorben ist der Riesenpande durch den Klimawandel, der seine Nahrungsgrundlage beseitigte
  • Ob der Riesenpanda sich in Europa oder Asien entwickelte ist weiterhin unklar

In den Sumpfwäldern Bulgariens lebte vor etwa sechs Millionen Jahren der letzte europäische Riesenpanda. Ausgestorben sind die Tiere sehr wahrscheinlich durch den Klimawandel, der den Mittelmeerraum trockener machte.

London (England). In den Bambuswäldern China leben noch etwa 3.000 Große Pandas. Die Tierart ist damit zugleich eine der bekanntesten und meisten bedrohten der Erde. Ein Fossil des Kretzoiarctos, dem ältesten bekannten Vorfahren der heutigen Pandas, wurde im Jahr 2012 in Spanien entdeckt. Seitdem ist es in der Biologie umstritten, ob sich Pandas in Europa oder Asien entwickelten.

Wie die Taylor & Francis Group meldet, haben Paläontologen nun einen weiteren Panda in Europa identifiziert. Der Riesenpanda mit dem Namen Agriarctos nikolovi lebte laut ihrer Publikation im Journal of Vertebrate Paleontology vor etwa sechs Millionen Jahren in den feuchten Sumpfwäldern Bulgariens und ist die am weitesten entwickelte bekannte Art der Urzeitpanda.

Entdeckung im Museum

„Er war zwar kein direkter Vorfahre der heutigen Gattung der Großen Pandas, aber ein enger Verwandter“, erklärt Nikolai Spassov vom bulgarischen Nationalmuseum für Naturgeschichte in Sofia. Entdeckt wurde Agriarctos nikolovi als Spassov zwei fossile Zähne untersuchte, die schon seit etwa 40 Jahren zur Sammlung des Museums gehören.

„Sie hatten nur ein spärlich per Hand beschriftetes Etikett. Ich brauchte Jahre, um herauszufinden, woher sie stammten und wie alt sie waren“, erklärt der Wissenschaftl. Anschließend benötigte auch die Zuordnung zu den fossilen Riesenpandas eine lange Zeit.

Größe und Statur wie heutige Riesenpandas

Laut den Zähnen besaß der europäische Riesenpanda eine ähnliche Größe und Statur wie die heutigen Riesenpandas. Im Gegensatz zur Gattung Ailuropodina fraß Agriarctos nikolovi jedoch keinen Bambus, weil dieser in Europa damals kaum vorkam. Zudem waren die Zähne des europäischen Riesenpandas nicht stabil genug, um den harten Bambus zerkleinern zu können.

Stattdessen fraß der Vegetarier eher weiche Pflanzenteile. Gefunden wurde die Zähne in einer Braunkohleschicht, die aus Ablagerungen eines Sumpfwalds entstanden ist. Es ist demnach wahrscheinlich, dass die Riesenpandas primär Blätter der dort wachsenden Bäume aßen.

„Auch wenn Agriarctos nikolovi in Habitat und Speiseplan nicht so stark spezialisiert war wie der moderne Riesenpanda, ist die Evolution der fossilen Pandas wahrscheinlich eng mit feuchten, bewaldeten Lebensräumen verknüpft. Vermutlich brachte die Konkurrenz mit anderen Bären und Raubtieren die Riesenpandas dazu, sich auf pflanzliche Nahrung in solchen sumpfigen Habitaten zu spezialisieren“, erklärt Spassov.

Klimawandel verursacht Aussterben des Riesenpandas

Die Nahrungsspezialisierung des europäischen Riesenpandas hat später zu seinem Aussterben geführt. Die messinische Salinitätskrise führt vor rund sechs Millionen Jahren dazu, dass es im Balkan und im Mittelmeerraum zu drastischen Veränderungen kam. Eine Hebung des Meeresgrunds bei Gibraltar führte dazu, dass das Mittelmeer nicht mehr mit dem Atlantik verbunden war und langsam austrocknete. Dadurch kam es zu einem Klimawandel, der die angrenzenden Regionen trockener machte.

Betroffen waren davon auch die Sumpfwälder der Pandas. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Klimawechsel in Südeuropa am Ende des Miozän auch negative Folgen für die Existenz der europäischen Pandabären hatte. Wahrscheinlich trug die messinische Salinitätskrise zum Verschwinden dieses letzten europäischen Pandas bei“, erklärt Spassov.

Entstehung in Europa?

Ob der Riesenpanda in Europa oder Asien entstanden ist, bleibt weiterhin rätselhaft. „Der gemeinsame Vorfahre von Agriarctos und Ailuropodina ist noch unbekannt“, erklären die Wissenschaftler. Indizien sprechen zwar für eine Entstehung in Südasien, entsprechende Fossilien wurden bisher aber nicht entdeckt.

„Andererseits wurden die ältesten Vertreter dieser Tiergruppe in Europa gefunden. Und wenn man die weite Verbreitung von Feuchtwäldern im mittleren Miozän in Europa berücksichtigt, kann die Hypothese eines europäischen Ursprungs nicht ausgeschlossen werden“, konstatiert Spassov. Eindeutig beantwortet werden kann die Frage erst, wenn weitere Fossilien entdeckt werden.

Journal of Vertebrate Paleontology, doi: 10.1080/02724634.2021.2054718

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