Robert Klatt
In der Mongolei existiert ein 1.660 Kilometer langer Erdwall. Forscher haben nun den Zweck der Erdformationen untersucht.
Jerusalem (Israel). An der Grenze der Mongolei zu China existiert ein etwa 1.660 Kilometer langen Erdwall, der sich von Nordchina entlang der östlichen Mongolei bis in die autonome chinesische Provinz Innere Mongolei erstreckt. Bisher konnte die Archäologie den Zweck des Walls noch nicht erklären. Forscher der Hebrew University of Jerusalem um Gideon Shelach-Lavi haben deshalb einen 405 Kilometer langen Abschnitt des sogenannten „Mongolian Arc“ („mongolischen Bogen“) im dünn besiedelten Osten der Mongolei untersucht.
„Der mongolische Bogen ist trotz seiner Größe im akademischen Diskurs weitgehend übersehen worden.“
Laut der Publikation im Journal of Field Archaeology wurde die Erdformationen zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert erbaut. Am wahrscheinlichsten ist es, dass der Wall in der Jin-Dynastie (1125–1234) errichtet wurde. Im Gegensatz zur Chinesischen Mauer, von der viele Teile noch gut erhalten sind, fällt der mongolische Bogen kaum auf. Die Forscher haben die Strukturen deshalb mit Drohnen aus der Luft dokumentiert.
„Wir haben festgestellt, dass die Mauern bis zu einer Höhe von maximal 1 bis 1,5 Meter erhalten sind. Sie sind aber in der Regel viel stärker erodiert und daher kaum auf Bodenhöhe sichtbar.“
Der analysierte Abschnitt des Erdwalls enthält mehrere große Lücken, die ihn in unterschiedlichen Abständen unterbrechen. Die größte Lücke im 405 Kilometer langen Abschnitt ist 17,9 Kilometer groß. Im Mittel sind die Lücken mit 2,7 Kilometern aber deutlich kleiner. Es ist zudem an einigen Stellen deutlich erkennbar, dass die Konstruktion der Mauer nicht fortgesetzt wurde. Dies deutet laut den Forschern darauf hin, dass der Bau der Mauer unter großem Zeitdruck erfolgte, wahrscheinlich zum Schutz vor angreifenden Mongolen.
Die Wissenschaftler haben in der Nähe der Mauer zudem 34 rechteckige Erdstrukturen, die von Gräben und Erdwällen umgeben sind, entdeckt. Der Verwendungszweck dieser Strukturen ist unklar. Es scheint sich aber nicht um militärische Gebäude zu handeln, weil sie durch ihre Lage in flachen Gebieten strategisch sehr schlecht positioniert waren.
„In den Ecken und an den Wänden wurden Reste von Steinkonstruktionen gefunden, aber wir konnten keine spezifischen Strukturen innerhalb oder außerhalb der Formationen identifizieren. Wir planen, die Strukturen durch gezielte Ausgrabungen weiter zu untersuchen.“
Es ist denkbar, dass die rechteckige Erdstrukturen früher zur Erhebung von Zöllen oder zur Beobachtung nomadischer Gruppen dienten.
Journal of Field Archaeology, doi: 10.1080/00934690.2023.2295198