Religionsgeschichte

Seit wann feiert man Weihnachten?

(KI Symbolbild). In einer römischen Basilika des 4. Jahrhunderts versammeln sich Menschen mit Öllampen, während in der Ferne ein einfacher Altar an die Geburt Jesu erinnert und das erste Weihnachtsfest andeutet. Jahrhunderte später sitzt eine Familie vor einem geschmückten Baum im Wohnzimmer, Kerzenlicht spiegelt sich in Glasornamenten und verbindet Liturgie, Wintersonnenwende und vertraute Rituale zu dem, was heute als Weihnachten gilt. Die Szene macht sichtbar, wie sich der Ursprung des Weihnachtsfestes von einer jungen Stadtkirche bis zu einem globalen Familienfest entwickelt hat. )IKnessiW dnu gnuhcsroF(Foto: © 

Kerzenlicht im Wohnzimmer, Fackeln in einer römischen Basilika, mittwinterliche Kälte vor der Tür – das heutige Weihnachtsfest wirkt selbstverständlich, ist historisch aber das Ergebnis vieler kleiner Entscheidungen. Wie aus einem unscheinbaren Liturgietermin im 4. Jahrhundert ein globales Familienfest werden konnte, lässt sich Schritt für Schritt anhand alter Kalender, theologischer Debatten und sich wandelnder Bräuche nachzeichnen. Dabei zeigt sich, dass Weihnachtsfest Geschichte immer auch eine Geschichte von Macht, Astronomie und Alltagskultur ist.

In vielen Ländern beginnen die Stunden vor Heiligabend mit ganz ähnlichen Bildern: ein geschmückter Baum, der Geruch von Wachskerzen, möglicherweise der Klang einer Christmette aus dem Fernseher, während draußen die Straßen fast leer sind. Wer heute von Weihnachten spricht, denkt oft an Geschenke, Familienbesuche oder an Fernsehszenen mit dichtem Schneefall und Lichterketten. Historisch betrachtet ist dieses vertraute Bild jedoch erstaunlich jung. Die Frage nach dem Ursprung des Weihnachtsfestes führt weit weg von Wohnzimmern und Einkaufsstraßen, hin zu römischen Stadtvierteln, in denen einfache Hauskirchen liturgische Abläufe noch suchend ausprobierten. In diesen frühen Jahrhunderten standen andere christliche Feste im Mittelpunkt, allen voran Ostern, während die Geburt Jesu zunächst keine eigenständige Feier war.

Parallel dazu hatte die Wintersonnenwende in vielen vorchristlichen Kulturen eine besondere Bedeutung: Wenn die Tage ihren kürzesten Stand erreichten und das Licht wieder zunahm, feierten Menschen die „Wiederkehr der Sonne“. Die spätere Datierung von Weihnachten auf Ende Dezember lässt sich nur vor diesem Hintergrund verstehen. Alte römische Festkalender, theologische Traktate und spätere liturgische Bücher zeichnen gemeinsam nach, wie aus vagen Überlegungen zur Geburt Christi Schritt für Schritt ein eigenständiges Fest wurde. Dabei verschränkten sich theologische Deutung, politische Entscheidungen im Römischen Reich und lokale Bräuche in Europa zu einer langen Entwicklung, die noch heute in vielen Weihnachtsbräuchen sichtbar ist und den Ursprung des Weihnachtsfestes greifbar macht.

Was meinen Historiker, wenn sie von Weihnachten sprechen?

Wenn Historiker den Ursprung des Weihnachtsfestes untersuchen, unterscheiden sie zunächst mehrere Ebenen: das Ereignis der Geburt Jesu, die liturgische Feier dieser Geburt als eigenes Fest und die spätere Ausformung als familienzentriertes Jahresereignis mit Geschenken, Baum und spezifischen Ritualen. Das Neue Testament berichtet von der Geburt in Bethlehem, nennt aber weder Datum noch Jahreszeit. In den ersten Jahrhunderten des Christentums stand die Verkündigung von Tod und Auferstehung im Zentrum, weshalb Ostern die deutlich wichtigste Feier war. Viele christliche Feste, die heute als selbstverständlich gelten, entstanden erst, als sich die Kirche im Römischen Reich institutionell stabilisierte und ein Jahreskreis von Festen festgelegt wurde.

Für das Wort „Weihnachten“ lässt sich im Deutschen eine Herkunft aus mittelhochdeutschen Wendungen wie „ze den wîhen nahten“ – „in den geweihten Nächten“ – rekonstruieren, die im Hochmittelalter belegt sind. Parallel dazu prägte sich im kirchlichen Latein die Bezeichnung der „Nativitas Domini“, also der Geburt des Herrn, für das Fest heraus. In der internationalen Forschung dient häufig der englische Begriff „Christmas“, dessen Wurzeln in der „Christ’s Mass“, der Messe zu Ehren Christi, liegen und damit die liturgische Herkunft des Festes betonen, wie etwa Überblicksdarstellungen zur Geschichte des christlichen Weihnachtsfestes deutlich machen. Über die genaue inhaltliche Reichweite des Begriffs Weihnachten herrscht dennoch keine vollständige Einigkeit: Je nach Disziplin meint er entweder primär ein kirchliches Hochfest oder das gesamte kulturelle Bündel aus Gottesdienst, Brauchtum und Jahresendritualen.

Frühchristentum: Von Ostern zur Geburt Christi als eigenem Fest

Wer nach „Seit wann gibt es Weihnachten?“ fragt, stößt früh auf eine überraschende Beobachtung: In der ältesten christlichen Literatur fehlt jede Spur eines Geburtstagsfestes Jesu. Theologen des 2. Jahrhunderts diskutierten zwar über den Zeitpunkt seiner Geburt, aber vor allem, um theologische Bezüge zwischen Schöpfung, Inkarnation und Erlösung herzustellen. In Schriften aus Alexandria wird berichtet, dass einzelne Gelehrte verschiedene Daten vorschlugen, darunter Daten im Frühjahr oder Frühsommer, doch von einer allgemein gefeierten Festtagspraxis ist nicht die Rede. Das Frühchristentum Rom orientierte sich liturgisch stark an Ostern; der 6. Januar als Fest der „Erscheinung des Herrn“ (Epiphanie) spielte in den Ostkirchen eine ähnliche Rolle wie später das Weihnachtsfest im Westen.

In dieser Phase begann die Kirche, den Jahreslauf durch Christliche Feste stärker zu strukturieren. Theologen suchten nach Daten, die nicht nur historisch plausibel wirkten, sondern auch symbolisch in bestehende Vorstellungen von Heilsgeschichte passten. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Verbindung des Datums von Kreuzigung und Empfängnis: Manche Autoren gingen davon aus, dass Christus am selben Datum empfangen wurde, an dem er später starb. Gleichzeitig entwickelten sich in den Gemeinden unterschiedliche lokale Traditionen. Während einige Regionen die Geburt Jesu eher in Zusammenhang mit dem Fest der Taufe und Epiphanie gedachten, setzte sich anderswo zunehmend die Idee einer eigenen Geburtsfeier durch. Erst als sich die Kirche im 4. Jahrhundert im nunmehr christlich geprägten Römischen Reich institutionell gefestigt hatte, konnte sich daraus ein klar erkennbares Weihnachtsfest formen, wie Überblicksartikel zur Geschichte des christlichen Weihnachtsfestes zeigen.

Der 25. Dezember im Frühchristentum Rom

Der früheste sichere Beleg für ein Weihnachtsfest im heutigen Sinn stammt aus einem römischen Festkalender des 4. Jahrhunderts, dem sogenannten Chronographen von 354. Darin findet sich unter dem Jahr 336 ein Eintrag, der eine Feier der Geburt Christi am 25. Dezember bezeugt. Diese Notiz gilt als ältestes dokumentiertes Datum, zu dem Weihnachten als regelmäßiges Fest in der römischen Stadtkirche nachweisbar ist. Entsprechende Analysen liturgiegeschichtlicher Quellen betonen, dass es sich dabei nicht um eine spontane Neuerung gehandelt haben kann, sondern um das Ergebnis eines zuvor bereits etablierten Brauchs, der nun schriftlich fixiert wurde. Der Hinweis auf eine Geburt Christi „in Bethlehem in Judäa“ in dieser Liste zeigt zugleich, wie stark biblische Erzählung und stadtrömische Liturgie bereits miteinander verschränkt waren.

Die Entscheidung für den 25. Dezember führte dazu, dass Weihnachten im westlichen Kirchenjahr auf die Zeit direkt nach der Wintersonnenwende fiel. Spätere theologische Deutungen griffen diese symbolische Nähe auf: Christus wurde als „Licht der Welt“ beschrieben, das in der dunkelsten Jahreszeit erscheint. Fachliche Darstellungen zur Entstehung des Datums betonen, dass der 25. Dezember entweder aus innerchristlichen Berechnungen (neun Monate nach einer angenommenen Empfängnis am 25. März) oder aus der bewussten Überlagerung vorhandener römischer Feste hervorgegangen sein könnte. Eine vielzitierte Analyse der liturgiegeschichtlichen Entwicklung des Weihnachtsdatums erläutert, wie solche Berechnungen und die kalendarische Nähe zu anderen Festen ineinandergriffen, um ein dauerhaftes christliches Datum zu etablieren. In der Ostkirche blieb parallel der 6. Januar als wichtiger Festtag bestehen, sodass Geburt, Taufe und Erscheinung Christi in unterschiedlichen Konstellationen gefeiert wurden.

Wintersonnenwende, Sol Invictus und der Ursprung des Weihnachtsfestes

Der 25. Dezember war in der Spätantike nicht nur ein christliches Datum. Römische Quellen vermerken auf diesen Tag auch das Fest des „Invictus“, also des unbesiegbaren Sonnengottes Sol Invictus. In populären Darstellungen taucht daher häufig die These auf, Weihnachten sei lediglich ein „umetikettiertes“ heidnisches Sonnenfest. Der Blick in die Forschung zeigt jedoch ein differenzierteres Bild: Einige Historiker betonen, dass sich das christliche Datum bewusst an vorhandene Feiern anlehnte, um in einem religiös vielfältigen Reich anschlussfähig zu sein. Andere weisen darauf hin, dass die genaue Zuordnung des Festes für Sol Invictus zum 25. Dezember erst nachweisbar ist, als christliche Feiern bereits belegt sind, und sehen eher parallel verlaufende Entwicklungen.

Unbestritten ist, dass die Wintersonnenwende für viele Kulturen rund um das Mittelmeer eine starke symbolische Bedeutung hatte. Wenn die Tage wieder länger wurden, verbanden Menschen dies mit Vorstellungen von Erneuerung, Sieg des Lichts und kosmischer Ordnung. Bildlich wird diese Verbindung in der Forschung oft durch antike Darstellungen der Sonnengötter illustriert, während liturgiegeschichtliche Beiträge erklären, wie die christliche Theologie den Lichtsymbolismus auf Christus übertrug. Die Vorstellung, dass Christus als „wahre Sonne“ an die Stelle anderer Lichtgottheiten tritt, ermöglichte es, bestehende Bilder umzudeuten, ohne sie vollständig aufzugeben. Astronomische Deutungen, wie sie auch in Analysen biblischer Symbolik diskutiert werden, unterstreichen diesen Zusammenhang zwischen Himmelsereignissen und religiösen Erzählungen zusätzlich. In diesem Geflecht von Sol Invictus, Wintersonnenwende und theologischer Symbolik wird der Ursprung des Weihnachtsfestes als Prozess deutlich, nicht als Entscheidung eines einzelnen Tages.

Vom Kirchenfest zum Familienfest: Weihnachtsfest Geschichte in Europa

Auch nach der Etablierung des 25. Dezember als Festtag blieb Weihnachten über Jahrhunderte vor allem ein kirchliches Hochfest. Gottesdienste, Predigten und liturgische Gesänge standen im Zentrum, während spektakuläre äußere Bräuche in vielen Regionen zunächst eine geringere Rolle spielten als etwa zum Nikolaustag oder in der Karnevalszeit. In mittelalterlichen Städten Europas markierten Mitternachtsmessen, Prozessionen und Krippenspiele die Weihnachtszeit, häufig in Verbindung mit Fasten- und Almosengebräuchen. Erst in der frühen Neuzeit verbreiteten sich regional unterschiedliche Formen häuslicher Feiern. Theologiegeschichtliche Darstellungen zeigen, dass sich Weihnachtsfest Geschichte in diesem Zeitraum zunehmend von einer reinen Kirchenfeier zu einem mehrschichtigen Fest mit liturgischen, sozialen und familiären Komponenten entwickelte.

Im 18. und 19. Jahrhundert verschob sich der Schwerpunkt in Mitteleuropa deutlich in Richtung privater Familienfeiern. Der Weihnachtsbaum, ursprünglich ein eher regionaler Brauch, wurde zum allgemein verbreiteten Symbol. Biedermeierliche Vorstellungen vom „stillen Familienglück“ und literarische Darstellungen trugen dazu bei, dass Geschenke, häusliche Rituale und eine spezifische Stimmung mit Weihnachten verknüpft wurden. Historiker sprechen in diesem Zusammenhang oft davon, dass viele Weihnachtsbräuche Europa erst im 19. Jahrhundert in der heute vertrauten Form angenommen haben. Die Kalenderstruktur mit mehreren Christliche Feste rund um den Jahreswechsel blieb zwar erhalten, doch die emotionale Aufladung verschob sich deutlich zugunsten der weihnachtlichen „Heiligen Nacht“ im Kreis der Familie. Zahlreiche kulturhistorische Analysen zeichnen nach, wie später Industrialisierung, Massenmedien und Konsumkultur diese Entwicklung weiter verstärkten.

Seit wann gibt es unser heutiges Weihnachtsfest?

Die Antwort auf die Ausgangsfrage „Seit wann gibt es das Weihnachtsfest?“ hängt damit stark davon ab, welche Ebene gemeint ist. Als klar belegtes liturgisches Fest mit dem Datum 25. Dezember existiert Weihnachten nachweisbar seit dem Jahr 336 in Rom. Als theologisch begründete Feier der Geburt Jesu taucht es im 2. und 3. Jahrhundert zunächst in Überlegungen einzelner Autoren auf, bevor es sich im 4. Jahrhundert im westlichen Kirchenjahr etabliert und von dort in andere Regionen ausbreitet. Als kulturelles Gesamtphänomen aus Familienfeier, Geschenktisch, Baum, Liedern und spezifischer Bildwelt entstand es hingegen erst im langen Verlauf der Neuzeit. Moderne Forschung betont, dass sich Ursprung des Weihnachtsfestes und die Form, in der es heute erlebt wird, deutlich unterscheiden: Das eine ist ein Ereignis der Spätantike, das andere ein Ergebnis von mehreren Jahrhunderten europäischer Kulturgeschichte.

Die meisten Menschen verbinden mit Weihnachten eine Mischung aus kirchlichem Hochfest, familiärer Tradition und säkularen Elementen. Historische Analysen zeigen, dass sich diese Ebenen nicht zufällig überlagern, sondern aus einem langen Aushandlungsprozess zwischen kirchlicher Liturgie, politischen Entscheidungen, regionalen Sitten und wirtschaftlichen Interessen entstanden sind. Wer nach der Geschichte fragt, gelangt deshalb zu einer gestuften Antwort: Weihnachten als Datum im Kirchenkalender ist rund 1.700 Jahre alt, seine vollen kulturellen Formen sind deutlich jünger, und einige heute verbreitete Weihnachtsbräuche Europa haben sich erst im 20. Jahrhundert globalisiert. Die Frage „Seit wann gibt es Weihnachten?“ führt damit nicht zu einem einzigen Stichdatum, sondern öffnet den Blick auf ein Fest, das sich bis heute weiterentwickelt.

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