Widerlegung von Blödsinn

Brandolinis Gesetz: Das Bullshit-Asymmetrie-Prinzip

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Brandolinis Gesetz, auch bekannt als Bullshit-Asymmetrie-Prinzip, beschreibt, dass das Widerlegen von Schwachsinn deutlich mehr Energie erfordert als dessen Produktion.

Im Internet, aber auch in anderen Medien wie dem von Russland gegründeten Auslandsfernsehsender RT (ehemals Russia Today) gehören Unsinn und gezielte Falschmeldungen spätestens seit der Covid-19-Pandemie zum traurigen Alltag. Die sogenannten Fakenews umfassen harmlosen Blödsinn („Elvis lebt“), unwahre Informationen („die Erde ist eine Scheibe“), aber auch potenziell gefährlichen Verschwörungstheorien („die BRD ist in Wirklichkeit eine GmbH“).

In den letzten Jahren wurden deshalb Initiativen wie Correctiv gegründet, die versuchen Fakenews mithilfe von wissenschaftlichen Informationen zu widerlegen. Oft sind diese Versuche jedoch erfolglos. Doch wieso ist es für Fact-Checking-Seiten so schwer, Menschen davon zu überzeugen, dass es sich bei Fakenews und Verschwörungstheorien nicht um die Wahrheit handelt?

Brandolinis Gesetz

Eine Erklärung dafür liefert Brandolinis Gesetz, das auch als Bullshit-Asymmetrie-Prinzip bekannt ist.

„Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Größenordnung mehr Energie als dessen Produktion (The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.)“

Die Lebensweisheit des italienischen Informatikers Alberto Brandolini beschreibt demnach, dass der Aufwand zur Widerlegung von Blödsinn und Fake News deutlich mehr Aufwand erfordert als dessen Produktion.

Berlusconi inspirierte das Bullshit-Asymmetrie-Prinzip

Erdacht hat Brandolini das Bullshit-Asymmetrie-Prinzip bereits im Jahr 2013, also lange bevor Begriffe wie „Filterblase“ und „Fakenews“ in der Allgemeinheit verbreitet waren. Die Inspiration dafür war laut Brandolini eine Fernsehdiskussion mit Silvio Berlusconi, der ähnlich wie Donald Trump in seinen politischen Diskussionen oft sehr kreativ mit der Wahrheit und Fakten umging.

Brandolinis Gesetz erscheint intuitiv korrekt

Menschen, die bei Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken Diskussionen verfolgen, erscheint Brandolinis Gesetz intuitiv richtig. Es ist offensichtlich, dass Menschen, die gezielt Fakenews verbreiten, aber auch Menschen, die irrtümlich Fehlinformationen teilen, nur mit hohem Aufwand überzeugt werden können. Problematisch ist dabei vor allem, dass vielen Personen so stark an Fakenews glauben, dass die Gegenargumente prinzipiell ablehnen. Auch Menschen, die Gegenargumenten offen sind, können oft kaum überzeugt werden, weil Menschen laut Studien schlecht darin sind, ihre bereits gefestigte Meinung zu ändern.

Wissenschaft bestätigt Brandolinis Gesetz

Brandolinis Gesetz wurde inzwischen auch durch eine Studie italienischer Wissenschaftler belegt. Laut der Publikation im Fachmagazin PLOS ONE haben die Forscher über mehrere Jahre analysiert, wie etwa 50 Millionen Menschen mit unterschiedlichen Inhalten umgehen. Die Inhalte waren sowohl wissenschaftlich überprüfte Informationen als auch unwissenschaftliche und frei erfundene Informationen.

Laut den Ergebnissen der Untersuchung bilden sich tatsächlich Filterblasen und Echokammern. Einige Menschen befassen sich demnach fast ausschließlich mit wissenschaftlichen Informationen (wissenschaftliche Filterblase), ein Teil der Menschen konsumiert hingegen nahezu ausschließlich unwissenschaftliche Informationen (unwissenschaftliche Filterblase). Sie kommen also kaum mit Fakten und verifizierten Daten in Kontakt und können deshalb gar nicht oder nur mit hohem Aufwand von der Unwahrheit von Fakenews überzeugt werden.

Die Studie untersuchte zudem, wie die beiden Gruppen auf korrigierende Meldungen (Debunking) reagieren. Es zeigt sich dabei, dass die unwissenschaftliche Filterblase diese Informationen fast vollständig ignoriert. Der hohe Aufwand für die Erstellung der korrigierenden Meldungen verpufft daher. Bei vielen Menschen führte das Debunking überdies dazu, dass sie sich vermehrt mit problematischen Inhalten beschäftigten, diese also vermehrt liken, teilen und kommentieren.

Historische Ähnlichkeiten zu Brandolinis Gesetz

In der Geschichte gab es mehrere Gedanken, die große Ähnlichkeit mit Brandolinis Gesetz besitzen.

Dazu zählen ein Brief von Lenin an seine Genossen:

„Ein Narr allein kann zehnmal so viele Fragen stellen, wie zehn weise Männer zusammen beantworten können.“

ein experimentelles Gesetz von Benjamin Disraeli:

„Bücher sind der Fluch der Menschheit. Neun Zehntel der existierenden Bücher sind Unsinn, und intelligente Bücher sind nur die Widerlegung eines solchen Unsinns.“

und ein Zitat des Physikers und Nobelpreisträgers Max Planck:

„Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, daß ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, daß ihre Gegner allmählich aussterben und daß die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.“

PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0181821

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