Leben nach dem Tod?

Nahtoderfahrungen auf dem Prüfstand

D. Lenz

So stellte sich der Maler Hieronymus Bosch das Leben nach dem Tod vor. )gro.aidepikiw(Foto: © 

Die medizinische Wissenschaft steht immer noch vor einer unbeantworteten Frage: Was geschieht mit den Menschen nach dem Tod? Zwischen Glauben und Wissenschaft - Annahme und Fakten, scheint es zumindest einen winzigen Schnittpunkt zu geben. Eine internationale Studie gibt Einblicke über Nahtoderlebnisse, verblassende Erinnerungen und faktisch nicht widerlegbare Zustände von verändertem Bewusstsein.

Southampton (England). Die Wissenschaft vollbringt in vielen Bereichen sensationelle Ergebnisse. Mythen werden durch Fakten, Wunder werden in der Forschung meist durch akribisch durchgeführte Studien und Versuche relativiert. Ein großes Mysterium besteht aber weiterhin, nämlich das des Fortbestehens der menschlichen Seele nach dem körperlichen Tod. Was bei vielen Religionen als Übergang in einen anderen Bewusstseinszustand umschrieben wird, ist in der Wissenschaft faktisch nicht beweisbar. Dennoch beschäftigen sich nicht nur Forscher aus dem Bereich der Parapsychologie mit Nahtoderfahrungen, auch die Medizin sucht nach belegbaren Antworten zu diesem Phänomen.

Bisherigen Nahtoderlebnissen fehlt der wissenschaftliche Beweis der Existenz

Berichte über derartige Erlebnisse beschreiben den Wechselzustand der Seele beim Verlassen des Körpers mit einer Art von Befreiung und Leichtigkeit. Die Reise verläuft durch einen Tunnel mit hellem Licht, an dessen Ende bereits verstorbene Bekannte und Familienmitglieder warten und den Neuankömmling zu begrüßen. Andere beschreiben das Verlassen mit einer Perspektive auf den liegenden und zurückgelassenen Körper, besonders in Krankenhäusern soll es zu solchen Vorfällen gekommen sein, ehe der Körper reanimiert und die Seele oder das Bewusstsein zurück in den Körper gezogen wurde. Die meisten dieser Berichte können faktisch nicht belegt werden, denn zwischen einer erfundenen Erzählung, einer Halluzination in Anbetracht des außergewöhnlichen Zustands nahe des Todes, und einer wirklich erlebten Seelenwanderung, fehlen meist unwiderlegbare Beweise.

Die AWARE-Studie (AWAreness during Resuscitation) widmet sich seit dem Jahr 2008 solchen Erlebnissen und dokumentiert die Nahtodvorfälle von 2060 betroffenen Menschen aus fünf internationalen Kliniken (Deutschland, Österreich, Großbritannien und den USA). 330 von Ihnen erlitten einen Herzstillstand mit folgender Reanimation. Davon nahmen 140 Betroffene an der eigens dafür erstellten Befragung, der Gryson NDE-Skala teil. Etwa ein Drittel dieser Patienten berichtete von Ereignissen während der Zeit des klinischen Todes wie auch der darauf folgenden Wiederbelebung. Der Mediziner Sam Parnia aus dem Stony Brook Medical Center in New York, bezeichnet diesen Anteil von sich bewusst erinnernden Patienten als außergewöhnlich hoch. Allerdings lassen sich nur in wenigen Fällen konkrete Erlebnisse rekonstruieren. Nach solch einem körperlichen Extremzustand und der darauf folgenden Aufwachphase verblassen mögliche Erinnerungen sehr schnell. Diesbezüglich konnten auch nur neun der dokumentierten Vorfälle als faktisch belegbare Nahtodzustände klassifiziert werden.

Zumindest ein Fall kann rationalen Erklärungen standhalten und sorgt für Aufsehen

Ein Patient konnte sich sehr konkret an das Erlebte erinnern: Der 57-jährige Mann galt bereits mehrere Minuten lang als klinisch Tod, das Gehirn wird nach 20-30 Sekunden des Herzstillstandes nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Daher lässt sich der erlebte Zustand auch nicht mit einer Veränderung der Bewusstseinswahrnehmung aufgrund nachlassender Sauerstoffversorgung erklären. Der Patient beschrieb während der drei Minuten andauernden Reanimation das gesamte Szenario des Operationsaales. Dazugehören: die verbale Kommunikation der anwesenden Mediziner, das Aussehen des operierenden Arztes aus der Draufsicht, sowie Bilder auf Regalen, die nur von oben her sichtbar sind und eigens für derartige Studien dort platziert wurden. Das Erlebte beschrieb der Herzstillstandpatient mit einem Gefühl der Leichtigkeit und der Zufriedenheit.

In diesem konkreten Fall, kann die bisherige wissenschaftliche Annahme von Halluzinationen nicht als Erklärung herhalten. Zwischen Glauben und Wissen besteht also auch weiterhin noch viel Spielraum für unerforschte Zustände.

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